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DAS GEBURTSHAUS AM PAPENSTIEG. DIE ZWIEBEL

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Schon bei der 9. Nachtwache war herauszubringen, wie durchtrieben Bonaventura das Zwiebelgleichnis für das Erzählverfahren selber nutzt, indem er im Zentrum dieses Bildes den wahnsinnigen Weltschöpfer er­scheinen läßt, der wie Fichte auf das »kleine Ich, das jeder winzige Knabe ausrufen kann«, zurückgehe, um »aus der unbedeutenden Hülse, wie es ihm beliebt, ganze Kosmogonien, Theosophien, Weltge­schichten und dergleichen ... herauszuziehen«. Gegen solche Prätention richtet sich Kreuzgangs Den­ken, verfällt aber seinerseits, von außen her rücksichtslos auf ein Eigentlichstes im Inneren dringend, der von Richard Brinkmann beschriebenen Dialektik von Schein und Sein: »Die Masken abzureißen, was dahintersteckt ans Licht zu bringen, ist Hauptgeschäft des Nachtwächters«; »indem der demaskierende Aufklärer Haut um Haut von der Zwiebeldes Wirklichen, der Erscheinungen abschält, um ins Innerste vorzudrin­gen ... gerät er schließlich nicht an einen reellen Kern, der maskenlose, schalenlose, bare und lautere Realität wäre, vielmehr gelangt er zum Nichts«,111) zumal sich ihm so auch das eigene reflektierende Ich im Traum der 14. Nachtwache als in sich gehaltlos erweise. Es war dabei Ophelia, die das Zwiebel­gleichnis für die transzendentale Fragestellung verwendete:

»Giebt es etwas an sich, oder ist alles nur Wort und Hauch und viel Phantasie. - Sieh da kann ich mich nimmer herausfinden, ob ich ein Traum ob es nur Spiel, oder Wahrheit, und ob die Wahr­heit wieder mehr als Spiel eine Hülse sitzt über der andern, und ich bin oft auf dem Punkte den Verstand darüber zu verlieren.

   Hilf mir nur meine Rolle zurücklesen, bis zu mir selbst... ob alles nur Rolle, und ich selbst eine dazu.«

   (Kreuzgang bleibt bei seiner totalitären Antwort im Gleichnis:

»Es ist Alles Rolle, die Rolle selbst und der Schauspieler, der darin steckt, und in ihm wieder seiÅne Gedanken und Plane und Begeisterungen und Possen ...«)112)

 

»Bonaventura« hat das Bild von der Zwiebel vielfältig variiert und insbesondere im »Formprinzip ... der Ein­schachtelung« die Erfahrung dargestellt, daß die Wirklichkeit »Maske über Maske« sei (so Dorothee Sölle, die 

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111  Richard Brinkmann, Nachtwachen von Bonaventura. Kehrseite der Frühromantik? (Pfullingen 1966), S. 12 und 22f.   112  Nachtwachen, a.a.O., S. 164f.

 

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