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Die
eigentümliche literatur- und geistesgeschichtliche
Ungleichzeitigkeit, diese oft von der »Nachtwachen«-Forschung
konstatierte Überlagerung
und Verflechtung von Themen der Romantik mit dem nur schwer
verträglichen Ethos der Spätaufklärung erklärt sich
biographisch daher,
daß Klingemann
im Zentrum der norddeutschen Aufklärung heranwuchs, die ja
insbesondere vom Collegium Carolinum aus wirkte. Schon das zuvor von
Klingemann besuchte Gymnasium, das Katharineum, spielte hier eine
bemerkenswerte Rolle <...>
Zum wichtigsten
Lehrer Klingemanns am Carolinum wurde wegen seiner ausgebreitete
Kenntnisse und Bekanntschaften mit zeitgenössischen Literaten Johann
Joachim Eschenburg (1743-1820).
Von seinen Verbindungen mit Lessing und Leisewitz sprach ich schon,
auch von der engen Freundschaft mit dem jungen Jerusalem, der ihm
denn auch eine Hofmeisterstelle am Carolinum vermitteln konnte. Sein
20 Jahre älterer Kollege J. A. Ebert, der Übersetzer von Youngs
»Night
Thoughts«,
machte ihn dort mit der englischen Literatur so ausnehmend gut
vertraut, daß Eschenburg
Wielands Prosaübersetzung der Dramen Shakespeares neu bearbeitete
und zum erstenmal vollständig in
deutscher Sprache vorlegen konnte. Nach Klaus Bartenschlager
verweisen
die Zitate und Anspielungen in den »Nachtwachen«
auf die
»Wieland-Eschenburg-Tradition (also
noch nicht auf den zur Entstehungszeit schon etliche Jahre
vorliegenden Schlegel-›Hamlet‹)«,
wobei
eine stärkere Hinneigung zu Wieland
festzustellen sei.211)
Eschenburg,
als einer der bedeutendsten Übersetzer des 18. Jahrhunderts
gilt,212)
übertrug
ferner Racines »Esther«,
Voltaires »Zaire«,
außer Hurds Kommentaren zu Horaz einige Essays zur Musik und
Malerei, gab kurioserweise englische Übersetzungen von Bürgers
»Lenore«
heraus
und veröffentlichte neben vielen Studien zur englischen
Literaturgeschichte schon Untersuchungen zur altdeutschen und
mittelalterlichen Literatur.
Eschenburg
war als »Förderer und Berater junger schauspielerischer und
dichterischer Begabungen ... auch Klingemanns Gönner und
Förderer«.213)
Er
hatte selber Textbücher für Theatergesellschaften bearbeitet, ein
dramatisches Gedicht nach dem »Ossian«
und
dramatisierte Festspielstücke sowie Singspiele geschrieben
und bildete allein dadurch schon ein entscheidendes Gegengewicht zu
dem Steif-Pedantischen der »Campeschen Clique« (so Eschenburg).214)
Die
Liste der geborgten und zurückerbetenen Bücher, die er als
hilfsbereiter Bibliothekar am Collegium Carolinum Jahr für Jahr im
»Magazin«
anzeigte,
liest sich für 1798 gerade so, als habe August Klingemann die Bücher
für seine bevorstehende Abreise nach Jena zu sich genommen:
»Geschichte
des Tom Jones«,
»Bürgers
Gedichte«,
»Julius
von Tarent«,
»Horatius«,
»Lichtenbergs
Erklärungen Hogarthischer Kupferstiche«
und
»Engels
Anfangsgründe der Dichtungsarten«.215)
Durch
seine eigene Bibliothek vermochte Eschenburg übrigens Caroline
Schlegel-Scheling während ihrer ersten Braunschweiger
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211
Klaus
Bartenschlager, Bonaventuras
Shakespeare: Zur Bedeutung Shakespeares für die Nachtwachen.
In: Festschrift
John W.P. Bourke
(München
1974, S. 347-371), S. 367f.
212
Manfred
Pirscher, Johann
Joachim Eschenburg. Ein Beitrag zur Literatur- und
Wissenschaftsgeschichte des 18. Jhs.
(Dissert.
Dortmund 1960), S. 194
213
Hugo
Burath, August
Klingemann und die Deutsche Romantik (Braunschweig
1948), S.35 214
Vgl.
Burath, a.a.O., S. 48 215
Braunschweigische
Anzeigen vom
14.2.1798