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Der Martinifriedhof am Hohen Tor ist heute eine kleine Parklandschaft mit vielleicht 20 Monumenten. Knapp die Hälfte davon wurden in den Jahren vor 1800 oder wenig danach errichtet. Eberts Grab ist nur mit Mühe zu identifizieren, kaum mehr als die Anfangsbuchstaben des Namens und der Vornamen sind noch leserlich, auch ist der Sockelaufsatz abgebrochen. Dafür dürfte der Leser der 16. Nachtwache von einem anderen Grabdenkmal angezogen werden, dem des Obristleutnants und Pagengouverneurs Ernst Sigismund von Lestwitz aus dem Jahre 1780.
»Ich war unwillkührlich an dem Denkmal eines Alchymisten stehen geblieben; ein alter kräftiger Kopf starrte aus dem Steine hervor, und unverständliche Zeichen aus der Kabbala waren die Inschrift.«168)
Es ist das Denkmal des Vaters, des Schwarzkünstlers, der zusammen mit der Zigeunerin-Mutter den Teufel zu bannen versucht hätte, das Kreuzgang so fesselt. Man betrachte nun das wundervoll energische Profil dieses Freimaurers , einen Indianer- oder Zigeunerkopf mit Adlernase und ausgeprägtem Jochbein, dem kräftigen Hals und auf die Schultern fallendem Haar. Gewiß, wir finden keine kabbalistischen Zeichen auf dem Stein, auch ragt nicht »der steinerne Vater ... halb aus der Erde hervor«. Solche Abweichungen im Detail werden aber belanglos, hat man Näheres zur Person des Barons in Erfahrung bringen können: Ernst Sigismund v. Lestwitz war niemand anders als der Kopf der Freimaurer in Braunschweig, Gründer verschiedener Logen seit 1761, der Mann, der zumal die maurerische Korrespondenz des Herzogs Ferdinand, des Großmeisters der vereinten Logen Deutschlands der »Strikten Observanz« führte. So stand er auch mit Lessing in Verbindung, der die Freimaurergespräche »Ernst und Falk« diesem Bruder des regierenden Herzogs Karl I. zu Braunschweig-Lüneburg, gewidmet hatte.169) Lestwitz, der sich in erbittert geführten Richtungskämpfen immer wieder durchzusetzen verstand, war noch in späteren Zeiten deshalb äußerst umstritten, weil er den Herzog zu überzeugen
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168 Nachtwachen, a.a.O., S. 185
169 Vgl. Wolfgang Kelsch, Der Freimaurer Lessing. In: Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig 1977, S. 103-119 (s. S. 110ff.); ferner Freimaurer in Deutschland. Freimaurerei in Braunschweig, Ausstellungskatalog des Braunschweig. Landesmuseums (Nr. 16, Braunschweig 1978), S. 22ff. u. 30-33; außerdem Heinrich Schneider, Lessing. Zwölf biographische Studien (München 1955), S. 188f.
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