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»Das
Grab des Vaters«
heißt die im Druck letzte Episode der »Nachtwachen«.
Sie
enthält nichts anderes als das metaphysische Testament
Bonaventuras. Die Literaturkritik konnte über den »Nihilismus«
dieses Buches bisher nur kurzschlüssig, ohne zureichende
Kenntnis der Voraussetzungen urteilen, unter denen Kreuzgang das
»Nichts« zu seiner letzten Einsicht erklärt. Sein mächtigster
latenter Gegner, dem nicht nur spöttische Bemerkungen galten, ist
nicht erst seit der 14. Nachtwache die Transzendentalphilosophie, die
besonders in der Variante von Fichte, Klingemanns Jenaer
Hochschullehrer ernstlich auf die Probe gestellt wurde: Zu
»Nichts« führte das Grundverfahren der »abstrahierenden
Reflexion«,
sofern es bei Ophelia und Kreuzgang das persönlich gefährdete
Selbst bewahren sollte. Ebendiese
Verteidigung des konkreten, individuellen, Lebensgeschichte bildenden
»Ich«, dies Ankämpfen gegen seine Verflüchtigungen zu einem
Substrat allgemeinster Kategorien, das als solches den Tod des
einzelnen überdauere oder gar vernünftig rechtfertige, steht als
letztes Kriterium hinter dem »Nihilismus« Kreuzgangs.
Auch Dieter Arendt, der die Fichte-Kritik der 9. Nachtwache in das
Zentrum seines Nihilismus-Konzepts gerückt und sie bestimmter
als üblich als »Demaskierung der Gottähnlichkeitsmaske und ...
Hinweis auf das hinter der Maske lauernde Nichts« gedeutet hat,53)
scheint mir den springenden Punkt dabei zu verkennen. Angesichts der
mephistophelisch-fichteschen Versuchung des Menschen (»Eritis sicut
Deus!«) beabsichtige Kreuzgang, »die
Verführung rückgängig zu machen und ihn hinzuweisen
auf seine kreatürliche Bedingtheit, auf
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Tendenz,
nur sich selbst zu denken, auch zu einem neuen, einem philosophischen
Resultat gelangt. – Allein der Vergleich beider Traumversionen
unterstützt die – ähnlich von Werner Kohlschmidt vertretene –
These, daß es die Position Fichtes ist, die, nach den eher noch
satirischen Attacken in der 9. Nachtwache, in der 14. Nachtwache im
Kern selbst zerstört werden soll. (Kohlschmidt, Das
Hamlet-Motiv in den 'Nachtwachen' des Bonaventura;
in: Kohlschmidt, Dichter,
Tradition
und Zeitgeist
(Bern
u. München 1965), S. 93-102; s.S. 100f.)
Fichtes
Name fällt in Klingemanns dichterischem Werk erst im Epilog der
Freimüthigkeiten
(1804).
Ehe Hanswurst dort über das sich setzende Ich der
»Wissenschaftslehre«
herziehen
darf, muß er sich selber erst in einer annihilierten Situation
behaupten; er hat nämlich auf der »leeren Bühne« zu einem nicht
mehr vorhandenen Publikum zu sprechen und zieht sich so aus der
Affäre: »Allein,
da Fichte es bündig darthut,/ Wie die ganze Welt nur im Ich beruht,/
So rede ich mein Ich an, und denke dabei/ Daß es allhier das
Publikum sei! –
«
(a.a.O.,
S. 132f.) Fichtes Anspruch: Es »liegt alles in uns selbst und ist
außer uns nichts Reelles« – so eine Anspielung bei
Kreuzgang-Hamlet (Nachtwachen,
S. 162) – wird hier von Hanswurst als Münchhausiade vorgeführt.
53
Dieter Arendt, Der
'poetische Nihilismus' in der Romantik (2
Bde., Tübingen 1972), Bd. 2, S. 509