Bei
Fichte hat diese Einsicht nur Zwischenstufe für das abschließende
Buch »Glaube« zu sein, heilsamer Schock, als dem Ich aufgeht, was
mit der Auflösung der Außenwelt in Bewußtseinsbestimmungen auch
ihm selber droht. Ophelia hat von dieser Gefahr, nicht mehr deutlich
das »Ich« als sich festigendes und steuerndes Bewußtsein den immer
befremdlicher wechselnden »Bildern« und Vorstellungen
entgegenstellen zu können, nicht erst (»popular«-)theoretisch
erfahren, vielmehr schon von
der prekären Identität des Schauspielers her, laufend auch ein
anderer zu sein. Im
Rollen-Wahn, der von dieser Schauspielerin Besitz ergreift, bricht
also eine gewisse professionelle Deformation der Persönlichkeit
hervor, wobei nun freilich die besondere Rolle der wahnsinnigen
Ophelia dies nicht bloß raffiniert veranschaulicht, sondern aus sich
selbst heraus schon –
wie
bei Shakespeare –
daraufhin
angelegt ist, der eigenen Verwirrung nachzusinnen.
Darin
weiterzudenken, ist wahrlich schwindelerregend und macht es
verständlicher, daß sich die Ophelia der 14. Nachtwache in einem
Reflexionsprozeß zur Wehr setzt, der in dem Rigorismus, mit dem er
ein allen Verwicklungen entzogenes »Ich« zu erretten sucht,
ebenjener
methodischen Selbst-Spaltung folgt, die so entschieden allererst das
idealistische Reflexionsmodell herausgebildet hat:
Der
Reflektierende sucht hiernach zu vermitteln zwischen einem
»empirischen«, beschränkten Ich (eigentümlich »verwirrt«
bei Ophelia) und einem angeblich »reinen« Ich, das der Intention
nach jenes individuierte in allen seinen Weltverhältnissen
ermöglichen soll, aber als unbedingtes selber nie zu erfassen
ist.48)
Dies
innere Versagen idealistischer Reflexion hat sich wohl deshalb immer
wieder terminologisch zudecken und aushalten lassen, weil ja massiv
die These von der Gottesebenbildlichkeit
des Menschen
dahinter
steht, die in der neuzeitlichen Reflexion so manchem Philosophen
christlicher Provenienz die Kraft gab, sich zum Erfassen des Wahren
vom weltlich Seienden weg- und der Verfassung des menschlichen
Bewußtseins zuzuwenden.49)
In
der 14. Nachtwache aber wird dies versteckteste theologische
Residuum, das »reine« Ich oder die »absolute Tathandlung« Fichtes
als
das monströse Denkergebnis desjenigen erfahren, der zur
Selbstsicherung alles Fremde systematisch von sich gehalten hat und
zuletzt in Panik
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Paul,
Sämtliche
Werke.
Hist.-krit.
Ausg.
(Weimar
1927ff.), Bd. 9 der 1. Abtlg., S. 463. –
Zu
Bonaventuras Bezug auf Fichtes Bestimmung
vgl.
Walter Pfannkuche, Idealismus
und Nihilismus in den 'Nachtwachen' von Bonaventura
(Frankf./Main
u. Bern, 1983), S. 51-59.
48
Vgl. dazu Walter Schulz,
Das Problem der
absoluten Reflexion (Frankf./Main
1963).
49
Vgl. Karl Löwith, Gott,
Mensch und Welt in der Metaphysik von Descartes bis zu Nietzsche
(Göttingen 1967).