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LITERARISCHER VAMPIRISMUS. KLINGEMANNS NACHTWACHEN. VON BONAVENTURA 

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Quelle: www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb11080975-0

 

Ja, wenn zum Auftakt der zweiten »Nacht« die göttliche Macht gepriesen wird, die Petrus, »diesen mitter­nächtlichen Wächter mit heller Trompete, zum Vorbilde der Posaune, die einst die Todten erwecken soll, Seelen aus dem Schlummer zu Gedanken des Himmels aufrufen heißt«, dann erscheint das desillusionie­rende »antipoeticum« Kreuzgangs, sein Nachtwächterhorn, zugleich auch als säkularisiertes Attribut seiner Wächterrolle.

    Es lag übrigens nahe, daß Klingemann der Ebert in »Kunst und Natur« zweimal nennen wird den Friedhof des (Nach-)Dichters der »Nachtgedanken« als Schauplatz seiner Gegengedanken aufsuchte. In Eberts Ausgabe von 1756 zeigt das in Braunschweig gestochene Titelkupfer einen Mann den Dichter sicherlich , der auf einem Kirchhof sich an ein Grabmonument gelehnt hat; die Linke stützt leicht den Kopf, während der Zeigefinger der Rechten wie schreibend auf der mondbeschienenen Inschrift verweilt. Diese Attitüde, zu der sich unter anderem noch der Musenanruf des ebendort abgedruckten Gesanges »Der Jüngste Tag« gesellt: »Wohlann denn, meine Muse, die du ... so gern die Gräber besuchst, und die Reiche der Nacht durchwandelst«,164) forderte geradezu eine karikierende Behandlung heraus, die sich an die gestischen Details hielt:

»Der Poet trieb sich eine Zeitlang unter den Gräbern herum«, er »versuchte zu schreiben; zur Unterla­ge diente ihm ein Schädel... da schien es als ob etwas Unsichtbares seine Hand hielte«.

 

»Nachtwachen« hält auch der Dichter bei Young/Ebert, in dem dezidiert christlichen Sinne selbstverständ­lich, der ihn im »Jüngsten Tag« beim Anblick der schlafenden Welt reklamieren läßt, daß »ich ihrem Stifter zu Ehren lange Nachtwachen feyre!«165) Auch wird Youngs Poesie selber von ihrem Übersetzer einmal als »reifste Frucht ... vieler Nachtwachen« bezeichnet.166)

    Klingemann steht um 1800 unter starkem Einfluß dieser Art der Nachtdichtung. Man muß sich nur Titelbild und Mytho­logie von »Memnon« vergegenwärtigen. Und noch das erste Bild der poetischen Nacht bei Klingemann, das er für die Braunschweiger Sommermesse 1802 mit der Behauptung wählt, »ein Dichter könne am Abende und in der Nacht weit reicher darstellen, als am hellen Tage, wo die Phantasie mehr nach aussen gerichtet wird, da sie dagegen in der Nacht und Dämmerung in sich zurückgeht und ihre wunderbaren Tiefen sich eröfnen« (Zeitung für die elegante Welt, Nr. 114), bleibt in der Nähe der »Nachtgedanken«: »O anmuthige Dunkel­heit! die dicht gehäuften Gedanken schießen freywillig ringsumher auf, und blühen im Schatten; welche bey Tage verwelken, und in der Sonne ersterben« (5. Nacht).167) <...>

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164 Young/Ebert, a.a.O. (Fußnote 163), S. 10   165  ebd. S. 46   166  Ebert in: Übersetzungen einiger poeti­schen <...>, a.a.O.,  2. Bandes 3. Stück (Der nicht fabelhafte Centaur <...>), S. 10  167 Dr. Eduard Young's Klagen, oder Nachtgedanken über Leben, Tod und Unsterblichkeit <...>, a.a.O. (Fußnote 160), S. 41

 

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Johann Arnold Eberts Prosaübersetzung  (Das Frontispiz ist eine Reproduktion des 1743 der 5. ›Nacht‹ vorangesetzten Kupferstichs von George Virtue.)

 

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