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VON DEN NACHTWACHEN ZUR PROMETHEISCHEN WERKSTATT DES THEATERS

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Bildquelle: www.schloss-wahn.de/fileadmin/media/pdf/gemaelde/GEMAELDE_Portraits A bis Z.pdf


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Tanzen auch ein Studium zu theatralischen Zwecken vorsah; ein Schwerpunkt lag bei der Historienma­lerei und sollte nach Bedarf, so bei karikierenden Rollen, durch Spezialstudien etwa der satirischen Kup­ferstiche Hogarths ergänzt werden. Damit nicht genug. Vor aller Vertiefung in die Rolle habe der Schauspie­ler sich einem gründlichen »Reinigungsgeschäft« zu unterziehen, sich seiner gestischen und mimischen Individua­lität zu entledigen und sich so in einer Weise »proteisch« jeder Form anschmiegen zu können, »als sei es ihm mög­lich seinen eigenen Leib zu verlassen und, statt des verschiedenen Theaterkleides, einen neuen Menschen anzu­zie­hen«.78)

Was bei Romano noch undeutliche Klage über die Wandelbarkeit des eigenen Wesens und das Sich­ver­lieren in einer anderen Person war, wird hier professionell mit dem Schauspieler eingeübt, der sich zu einem neuen Menschenwesen präparieren soll. Womit nicht die bloße Rollenvielfalt und -versatilität ge­meint ist, sondern ein komplexer, sich anreichernder Übersetzungsprozeß. Wie nämlich der ex­em­pla­ri­sche Bühnendichter (Shakespeare) die Kraft besitze, »welche mit allgewaltiger Kühnheit gleichsam in die allgemeine Weltgeschichte hineingreift, und menschliche Wesen aller Nazionen und Bildungsstufen, neu erschaffen, in den heitern Raum der Dichtung hinüberführt», so ist das men­schen­um­schaffende Prinzip noch einmal, in der Potenzierung gewissermaßen, beim großen Schauspieler zu beobachten:

Devrient »schafft aus sich, mit gänzlicher Umänderung der Maske und des Redetons, wie in einer Prometheischen Werkstatt, täglich neue und gänzlich voneinander verschiedene Menschen«,79) und zwar bei den großen Shakespeareschen Figuren ebenso wie bei irgendwelchen Nebenrollen. 

 

Solche »Übersetzungen« konnten nicht schon durch die kathartische Anstrengung und jenen Cordon sanitaire gegen außertheatralische Interessen geleistet werden; in dem dialektischen Sinne der Lessing­schen Devise, daß sich »Kunst und Natur ... auf das innigste anzuziehen und zur Einheit zu verbinden« hätten,80) wollte Klingemann das Theater auch vor ästhetizistischen Versuchungen und eigenem Kom­ment bewahren, duldete keine »blutleeren Dichtergeschöpfe« um sich, lehnte eine Ausbildung zu

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78  Klingemann, Über den verschiedenen Styl <...>, ebd. S. 160

79  Klingemann, Kunst und Natur, a.a.O. (Fußnote 23), Bd. 3, S. 354 bzw. Bd. 1, S. 393 u. Bd. 3, S. 322   80  a.a.O., Bd. 3, S. 380

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Ludwig Devrient (1784-1832)
Ölgemälde von Wilhelm Christoph Wohlien (1831)

 

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