Home
Impressum
RUTH FLEIGS GALERIE
SCHULKINDER MALEN
Bilderbuch Rob. Rabe
Kritzel-Kratzel
HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI GERMANISTICA
A Der alte Goethe
B Zu Theodor Fontane
C Zu »Bonaventura«
D Zu Aug. Klingemann
Inhaltsübersicht
Forschung seit 1973
Kandidatenreigen
Sprachstatistiken
K-s Artikel und ›Nw‹
Datierungstabelle
Arnims Nachtwache
Nacht bei Klingemann
Pseud. Bonaventura
Demiurg Shakespeare
Maske »Nihilismus«
»Parallelen«-Debakel
Mimetisches Genie
Prometheus Theater
Braunschweiger Vita
Vampirismus
Lieblingsort Dom
Der Friedhof
Freimaurer Lestwitz
Collegium Medicum
Leisewitz
Freigeist Lessing
Collegium Carolinum
Alessandro-Kreuzgang
Student in Jena
Der Domfriedhof 1973
Drei Rezensionen
Ruth Haag 1987
Kunstfehde/Werdegang
Schellings System-


LITERARISCHER VAMPIRISMUS. KLINGEMANNS NACHTWACHEN. VON BONAVENTURA 

________________________________________________________


­

So ist es der mechanische Umgang mit den Parallelen, zu dem nicht allein die erwähnte tödliche »Reflex«-Terminolo­gie beisteuert, sondern auch die weitere technizistische Einstellung, in der Schillemeit von der Bonaventura-Forschung berichtet (»so also standen die Dinge«), die Pseudogenauigkeit darin, den Gesuchten wie in einem »Koordinaten«-System festzulegen oder wie einen Ganoven »namhaft und, soweit wie möglich, dingfest zu machen«,64) ist es diese verdinglichende Identifizierung selber, die Klingemanns hochinteressante literarische Identität banalisiert und lächerlich gemacht hat. Seine Ge­stalt, so aus hunderten von Parallelen-Fetzchen zusammengesetzt, erinnert denn wirklich an jenes Individuum in der 12. Nachtwache, das, mit dem abgelegten Trödel der großen Dichter und Denker ausstaffiert und auch gestisch und physiognomisch in ihre Haut geschlüpft, Eindruck zu schinden weiß. Schillemeit mußte diese Figur wie eine Selbstper­siflage des Verfassers vorkommen, die sich anderen Interpreten – zumal bei Kenntnis der Quellenlage – als ein Exem­pel zeitüblicher Originalitätssucht darstellt und für Klingemann nur als eklektizistische Vorstufe zu einer möglichen »Übersetzung« des Menschen von Belang war.


Klingemann hielt sein Leben lang (was Nachahmer schwerlich fertigbringen) zu den gewichtigsten Motiven, Figuren und Themen der »Nachtwachen«. Die Vermutung, später habe er wohl nichts mehr von diesem Buch gehalten,65) wäre nicht erst durch Recherchen wie die zum Schlußwerk »Bianca di Sepolcro« zu revidieren gewesen, schon die Aufzählung von Peter Küpper (1967) zu den »Nachtwachen«: »Leitfiguren sind Ödipus und Hamlet, Ahasver und Don Quijote, Don Juan und Faust«,66) läßt sich wie eine Anthologie Klingemannscher Theaterstücke lesen: »Faust« (1815), »Don Quixote und Sancho Pansa« (1815), »Ödipus und Jokasta« (1820), »Ahasver« (1827) sowie als Bühnenbearbeitung »Hamlet« (1815). Und wenn Schillemeit annimmt, daß Klingemann von der späteren Zuschreibung der »Nachtwachen« zugunsten von Schelling keine Notiz genommen habe, da »längst in Amt und Würden eines Theaterdirektors und entsprechend be­schäftigt«,67) dann wird es gar zu arg, da die Begründung auch noch die schlichteste Konsequenz dem Werdegang »Bonaventuras« abspricht: Der Verfasser der »Nachtwachen«, der von Kreuzgangs erstem Auftritt an mit Bühnenmo­tiven experimentiert und in der »Hamlet-Ophelia«-Nachtwache sein Grundthema einer artistischen Lebensform so er­greifend durchdacht hat, wurde wahrlich nicht von ungefähr zu einem der bedeutendsten Bühnenleiter seiner Zeit!

   Auch das Ensemble der eigenen historischen Theaterstücke, von denen noch zu nennen sind: »Moses«, »Heinrich der Löwe«, »Heinrich der Finkler«, »Columbus«, »Martin Luther«, »Ferdinand Cortez« sowie »Cromwell«, läßt

--------------------------------------------------------------------------------------------------------

64  Schillemeit, a.a.O., (Fußnote 2, S. 18 bzw. 15 und 55    65  Schillemeit, ebd., S. 108 

66  Peter Küpper, Unfromme Vigilien. Bonaventuras 'Nachtwachen'. In: Festschrift Richard Alewyn (Köln und Graz 1967, S. 309-327), S. 309f.   67  Schillemeit. ebd., S. 117f.


- 48 -

Weiter

Zurück
Top
http://www.fleig-fleig.de/