LITERARISCHER VAMPIRISMUS. KLINGEMANNS ›NACHTWACHEN. VON BONAVENTURA‹
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geben muß, in deren Besitz Menschen schon auf Erden gelangen können«,170 Vertreter also jener freimaurerischen Tradition war, deren Adepten sich »in uralter kabbalistischer Geheimschrift«, als »Alchymisten« oder im »Teufelsbann« versuchten.171 Der Braunschweiger Freimaurer Lachmann schreibt 1844 über Lestwitz:
»Ein Mann gewiß von strenger Rechtschaffenheit und hohem Eifer für den von ihm wirklich für ächt gehaltenen Orden; großer Hang zu Geheimnißkrämerei, selbst Alchymie und Goldmacherei, war neben einiger Herrschsucht und einem sehr hitzigen, jähzornigen Wesen der Charakter dieses Mannes. Er hatte mancherlei gelehrte und Sprach-Kenntniß, machte selbst zu Zeiten Verse, und arbeitete seine Reden und Vorträge alle selbst aus.
Seinem Durste nach Kenntniß geheimer Wissenschaften verdankte die hiesige Loge alles Troubles, in welche sie durch die Annahme der stricten Observanz gerieth; und unser Archiv verdankt ihm eine bedeutende Anzahl alchymistischer Schriften, sogar ein Paar vielleicht theuer erkaufter Manuscripte. Die Bdr. begleiteten ihn, in 12 Wagen, die Mitglieder des Capitels zu Fuße, zur letzten Ruhestätte ... Herzog Ferdinand ließ sein Steinbild in voller Ritterrüstung im Garten aufstellen.«172
Außer diesem Denkmal im Garten der Loge »Zur gekrönten Säule« ließ ihm der Herzog das andere auf dem Martinifriedhof errichten. Klingemann muß dies gewußt haben, nicht allein über die Stifterinschrift, die auch den Freimaurertitel »Praefectus« aufführt, sondern weil seine hochverehrten Lehrmeister Leisewitz und Eschenburg mit Lestwitz Umgang hatten und damals sogar bei dem Bildhauer J. H. Oden waren, um sich das Modell dieses Denkmals anzusehen.173 Der Hofbildhauer Oden hatte es nicht allein geschaffen, »die ausgezeichneten Bildnisreliefs ... sind nach Modellen des tüchtigen Bildhauers und Münzstempelschneiders Christian Friedrich Krull gearbeitet«.174
P.S. 2011) Krull nahm zudem Lessing die Totenmaske ab und fertigte nach ihr seine vielgerühmte Porzellanbüste an (siehe die Abbildungen auf S. 93).
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170 Wilhelm Dahl, Abriß der Geschichte der Loge Carl zur gekrönten Säule von 1744 bis 1894 (Braunschweig 1894), S. 17. – Zu Lestwitz' Kämpfen s. Fr. H. Lachmann, Geschichte der Freimaurerei in Braunschweig von 1744 bis Neujahr 1844 (Braunschweig 1844) 171 Dahl, a.a.O., S. 7 (er bezieht sich dabei auch auf Lestwitz) 172 Lachmann, a.a.O., S.80
173 Leisewitz, Tagebücher, hg. v. H. Mack u. J. Lochner (2 Bde., Weimar 1916 und 1920), Bd. 1, S. 171f. (27.3.1780). Zu seinem Umgang mit Lestwitz s. Bd. 1, S. 29
174 P.J. Meier, Braunschweiger Grabdenkmalkunst. In: Schütting. Niederdeutsche Monatshefte 1926 (Hefte 2 u. 3) u. 1927 (Hefte 1, 5 u. 6); s. Heft 6, S. 95
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