ACHIM V. ARNIMS ›NACHTWACHE‹ IN FRIEDRICH SCHLEGELS ›EUROPA‹
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Mit
der statistisch und publikationstechnisch begründeten Entscheidung
für Oktober 1803 als terminus ante quem non läßt
sich nun aber auch eine interessante Vermutung
zur literarischen Form treffen. Zu
dem Erzähltitel »Nachtwachen«
wurde
Bonaventura wahrscheinlich von einem Beitrag Achim v.
Arnims angeregt.
Wenig
zuvor nämlich waren in Friedrich Schlegels »Europa«,
im 1. Heft des 2. Bandes, die anonymen und »großes
Rätselraten«20
auslösenden
»Erzählungen
von Schauspielen«
zu
lesen:
»Erste
Nachtwache«
lautet
der Untertitel dieser von Arnim stammenden
Besprechung französischer Schauspiele und
Theater! Daß dieses Heft –
Ende
September 1803 war es zu erhalten21
–
tatsächlich
auch von Klingemann gelesen wurde, steht ja
nach unseren Recherchen zum »Teufels
Taschenbuch«
außer Zweifel: A.W. Schlegels Wort von der
»excentrischen Dummheit«, das Klingemann
ein Jahr später in seinem »Postskript«
zu
Nr. 127 der »Eleganten«
(vom
23.10.1804) zitiert, findet sich im Anfangsbeitrag
jenes Heftes, in den dort abgedruckten Berliner
Vorlesungen Ȇber
Litteratur, Kunst und Geist des Zeitalters«22.
Wie
aber hätte diese »Erste
Nachtwache«
– und
Arnims einzige –
Klingemann so beeindrucken
können, daß er den Untertitel zum Titel seines
Buchs machte? Arnims Nachtwache stellt ja lediglich der
Spezialfall einer Krankenbetreuung dar, während
Klingemann die Nachtwachen zum Erzählprinzip des eigenen
Buchs macht. Auch diese Adaptation oder vielmehr
Transformation wird erst durch Klingemanns eigene
literarische
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20
Ernst Behler in seinem
Nachwort zu Europa.
Eine Zeitschrift. Herausgegeben von Friedrich
Schlegel (Frankfurt/Main
1803-05); fotomechan. Neuausgabe (Darmstadt 1973), S.
39
21
Behler, l.c. S. 45. Vgl.
Hans Eichner, Kritische
Friedrich-Schlegel-Ausgabe, 1. Abtlg.
(Charakteristiken und Kritiken I,
München 1967), S. XV (»im Sept. lag das dritte Heft vor«).
Es
gibt auch in Klingemanns Artikeln selber ein kleines Indiz, daß er
Arnims Nachtwachen-Aufsatz
gelesen und daraus exzerpiert hat. Arnim bei
Erwähnung der Pariser Oper: »verzerrt durch die
Sänger, entcharaktert durch den Dichter, erscheint hier
die Zauberflöte
unter dem Titel
›Mysteres d'Isis‹«
(Europa,
a.a.O., 1. Heft des 2. Bandes, S. 178). Klingemann
bemerkt in Nr. 119 vom 4.10.1804, wo er u.a. über eine
Braunschweiger Aufführung der Zauberflöte
schreibt: »Bekanntlich
wird auf dem ›théâtre
des
arts‹ in
Paris eine verstümmelte Bearbeitung dieser
Oper unter
dem Titel:
›les mystères
d'Isis‹,
aufgeführt«.
Auch
Johann F. Reichardt berichtet in seinen vielgelesenen
Reisebeschreibungen Vertraute
Briefe aus Paris geschrieben in den Jahren 1802 und 1803
von einer
Aufführung der »abgeschmackten«
›Mystères‹,
spricht
aber immer nur von der »Oper«, während sich Arnim
bei dem Wort »Oper« auf der Stelle und auffallend berichtigte: »...
in der Oper, wollte ich sagen, ich meine im ›Théatre
des
Arts‹«.
–
Reichardt, Vertraute
Briefe <...>
(1. Teil, Hamburg
1804), S. 162f. u. 437f. –
Arnim, Europa,
a.a.O., S. 176
22
Europa,
a.a.O., 1. Heft des 2. Bandes, S. 11