LITERARISCHER VAMPIRISMUS. KLINGEMANNS ›NACHTWACHEN. VON BONAVENTURA‹
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men der Ärzte, Apotheker, Bader und Hebammen, mit Visitationen und anderen Aufgaben der Medizinalpolizei.178 Mit der Behörde wurde Klingemann demnach nicht erst um 1805 als Nachfolger des Vaters vertraut, viel eher schon dürften ihn medizinische Belange so sehr beschäftigt haben, daß man sich unter dem Verfasser der »Nachtwachen« auch einen Arzt vorstellen konnte. Zugang zur Fachliteratur ermöglichte ihm schon der Vater, der in den Braunschweigischen Anzeigen vom 2.3.1799 eine Reihe von medizinischen Büchern aufführt, die bei ihm in Kommission zu haben seien. Klingemanns Lehrer Eschenburg war ein Anhänger des Brownianismus, den Hanswurst in der 8. Nachtwache so vehement vertritt, und empfahl dies Heilsystem in seinen Vorlesungen am Carolinum.179 Zu Klingemanns Jenaer Freunden zählten zwei Medizinstudenten, der »Memnon«-Bundesgenosse August Winkelmann, der 1803 mit Dreiundzwanzig Professor am Collegium Medicum in Braunschweig wurde und schon 1806 an Typhus verstarb, sowie der spätere Direktor des Weimarischen Medizinalwesens Ludwig F. v. Froriep.180 Zu der eigenen Registratorentätigkeit hat sich Klingemann nie geäußert. Mit Gemütskranken dürfte er schon über seinen Vater in Berührung gekommen sein, denn in dem »Werk- oder Zuchthaus« in Braunschweig, das einen eigenen Arzt und einen Wundarzt unterhielt, wurden auch »Blödsinnige, und des Verstandes beraubte Personen« aufgenommen; in dem für Männer bestimmten »untern Stockwerk sind ... kleine abgesonderte Behältniße für ganz rasende Personen. Das zweite Stockwerk ist zum Aufenthalt der Züchtlinge, und melankolischer Personen weiblichen Geschlechts bestimt.«181 Klingemann selber beruft sich jedenfalls bei der Schilderung eines Besuchs bei den »mente captis« in Celle (1817) auf eigene frühere Beobachtungen:
»Es ist ein trauriger Anblick, wenn sich die Gemächer öffnen, in welchen jene unschädlicheren Irren verwahrt sind; deren Wahnsinn, in seiner eigenen innern Welt verkehrend, wenig oder gar nicht nach Außen wirkt, und sich nur durch geheimes Lächeln, Winken, Zunicken, oder durch andere seltsame Bewegungen und abgerissene, unzusammenhängende Reden äußert. Es ist mir immer unendlich wehe in der Nähe dieser Armen geworden; indeß jene Rasenden, welche die Eisenstäbe ihrer Käfige schüttelnd, donnernde Flüche und Verwünschungen austoben und wild auflachen, daß es durch die Gewölbe wiederhallt; eben solcher gewaltsamer Kraftäußerungen halber, mich weit minder geängstigt und vielmehr in mir
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178 Rippentrop, a.a.O. (Fußnote 127), Bd. 2. S. 42f.
179 Johann Joachim Eschenburg, Lehrbuch der Wissenschaftskunde, ein Grundriß encyklopädischer Vorlesungen (2. Aufl., Berlin u. Stettin 1800), S. 254
180 Zu Winkelmann vgl. die bewegende biographische Studie von Ingeborg Schnack (in: Braunschweigisches Jahrbuch 1987, S. 83-112) und zu Froriep Klingemann in Kunst und Natur, a.a.O. (Fußnote 23), Bd. 2, S. 403 181 Ribbentrop, a.a.O., Bd. 2, S. 245-252
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