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Zum Stand der »Bonaventura«-Forschung seit 1973.
Versuch einer
sprachstatistischen Datierung der Niederschrift der »Nachtwachen«
Rechts: Theaterzettel der von August Klingemann inszenierten Uraufführung von Goethes ›Faust‹
Bildquelle: Ulrich Parenth, ›Wie Goethes 'Faust' auf die Bühne kam‹ (Braunschweig 1986), S. 66
Diese
1970er Jahre haben der 100jährigen Forschungsgeschichte die Krone
aufgesetzt und sie, um ein zeitgemäßeres
Bild zu gebrauchen, wie im Zeitraffer wiederholt: Eilfertig wie nie,
da unbekümmert um die einschlägigen
Vorarbeiten, deren Fehler und Versäumnisse reproduziert
wurden, warf man neue Namen und dann auch wieder
ältere neu in die Debatte. Den Aufgaben der Fachkritik,
die sich von einem Vorschlag weiter zum nächsten treiben
ließ und allenfalls Mutmaßlichkeiten
entgegenzusetzen wußte, wurden am
ehesten noch EDV-Versuche gerecht, die auf die Widerlegung
von »Bonaventura«- Kandidaten
abzielten. Aber auch diese sprachstatistischen
Verfahren wurden in ihrem Erfolg bald ins
Gegenteil verkehrt. Unsere Philologen nämlich,
da sie ihnen schon nichts methodisch zu erwidern
hatten, bedienten sich des Umstandes, daß man per
Computer hin und wieder einen der Kandidaten
zur Strecke zu bringen vermochte, auf ihre Weise und
ließen für jeden der so Gefallenen frischweg ein paar neue
Favoriten erstehen. So
konnten sich zu den Namen Schelling, Wetzel, Fischer,
Hoffmann, Brentano und Caroline in
kürzester Zeit die von Klingemann, Jean Paul, Erhard,
Dienemann, Baggesen, Arnold und Gerle
gesellen
und so einen Kandidatenreigen komplettieren, der von den
angesehenen Schriftstellern bis zum
Verleger der »Nachtwachen«
reicht, vom Braunschweiger Anwärter auf die
Registratorenstelle seines Vaters
bis zum symphilosophierenden Paar Caroline und Friedrich Schelling.
Das
Jahr 1973 brachte die sicher kurioseste Konstellation bei der
Bestimmung des Pseudonyms.
Wie bekannt, veröffentlichte im Herbst der
Braunschweiger Germanist Jost Schillemeit seine
Hypothese, der Braunschweiger August
Klingemann (1777-1831), zuletzt Theaterdirektor
und Erstaufführer des
»Faust«
(1829), habe die »Nachtwachen«
geschrieben. Wie nicht bekannt, hatte ich mich
bereits im Frühjahr 1973, gleich im Anschluß an
meine Tübinger Promotion über eine sich maskierende
Erzählweise bei Fontane, an die »Bonaventura«-Frage
gemacht und nach dem systematischen
stilkritischen Ausmustern vieler Autoren um 1800
einen gewissen August Klingemann als
Verfasser ausfindig gemacht. Diesen
Fund mit den entsprechenden Beweisstücken
hatte ich schon mit meinem »Doktorvater« Richard Brinkmann,
der selber über die »Nachtwachen«
geforscht hatte, diskutiert und auch in Methode
und Ergebnis als Rohmanuskript
aufge-
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