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LITERARISCHER VAMPIRISMUS. - DEBAKEL DER »PARALLELEN«-BEWEISFÜHRUNG

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6. FAZIT



»Wenn Klingemann tatsächlich der Autor ist, bleiben die Nachtwachen erst recht ein Rätsel«, schrieb Jeffrey L. Sam­mons gegen Ende seiner ersten, noch unentschiedenen Besprechung von Schil­le­meits Buch, dem zu­folge Klin­ge­mann zu­tiefst un­originell zu sein scheine, »ein williger, sogar et­was sich an­bie­dern­der li­te­rarischer Imitator«. »Simple Nach­ah­mung und die be­sessene, rasende Auf­ar­bei­tung ei­ner literarischen At­mosphäre sind zweierlei«, meldete Sam­mons sei­ner­zeit als Vor­be­halt an und setz­te da­bei die The­se vom Nachah­mer Klingemann schon in Beziehung zu grund­sätz­li­chen Män­geln der In­ter­pretation bei Schillemeit selbst.59 Auch E. E. Metzner (1974) ver­miß­te bei die­sem Iden­ti­fi­zie­rungs­ver­such au­ßer der Berücksichtigung all der Romane und Schrif­ten, die Klin­ge­mann vor den Nacht­wa­chen ver­öf­fent­licht hat­te, noch besonders »die nicht aus­drück­lich mit der Ver­fas­ser­schafts­fra­ge be­faß­te Nacht­wachen-Li­te­ra­tur, al­so so gut wie al­les Jün­ge­re«; letz­te­re »meint er ... mit ei­nem all­ge­mei­nen Hin­weis auf die ›z. T. sehr ein­dring­li­chen In­ter­pre­ta­ti­o­nen‹ am Schluß der Ein­lei­tung über­ge­hen zu kön­nen (S. 23); auch später kommt er nicht mehr rich­tig auf sie zu­rück ob­wohl ei­ne sy­ste­ma­ti­sche Überführung der neuen These Schil­le­meits an­hand der un­ab­hän­gig da­von ge­won­ne­nen Da­ten über die gei­stige Haltung und den gei­sti­gen Hin­ter­grund der Dich­tung wohl un­ab­ding­bar ge­we­sen wä­re.«60

   Zweifellos war es dieses Absehen von der tiefer eindringenden Interpreta­tion, das, nach der allzu »selbst­si­che­ren, ge­ra­de­zu nach­läs­si­gen Verwegen­heit«61 in der methodischen Vorbereitung, Schil­le­meit die Iden­ti­fi­zie­rung schließlich wie­der ver­spie­len ließ. Die Gleichgültigkeit aber gegen In­ter­pre­ta­ti­on und auch li­te­ra­ri­sche Biographie liegt in der er­staun­li­chen Über­schät­zung und Po­pu­la­ri­tät des »Pa­r­al­le­len«-Be­wei­ses begründet, dem auch ein Ratten­schwanz von Miß­er­fol­gen nichts an­zu­ha­ben scheint. Früh schon, 1905 drängte es den methodebewußten Oskar Walzel angesichts der »lan­gen Rei­he von Par­al­le­len« bei E. Eckertz (Ca­roline) und zuvor bei R. M. Meyer (Hoffmann) und H. Michel (Schel­ling) zu dem Stoßseufzer: »Ist denn wirklich umsonst in letzter Zeit die völlige Un­zu­läng­lich­keit die­ses Be­weis­mit­tels erwiesen wor­den?«62

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59  Sammons, a.a.O. (Fußnote 5), S. 290f.

60  Metzner, a.a.O. (Fußnote 8), S. 97; ähnlich Pfannkuche, a.a.O. (Fußnote S. 47), S. 7f. Vgl. ferner die Rezension von James M. McGlathery, der noch anmerkt: »In his haste to claim that such 'Indizien' show that no one but Klingemann could have written the Nachtwachen, Schillemeit fails to notice that he has proved the opposite. Unfortunately, the same holds true for much of his often impressive catalogue of evidence.« In: The Journal of English and Germanic Philology (Bd. 74, No. 1 vom Jan. 1975, S. 68-71; Zitat S. 69f.); University of Illinois Press (Urbana)

61 Metzner, a.a.O., S. 97   62 So Oskar F. Walzel 1905 in seinem Referat über Hermann Michel (vgl. Fußnote 39) in: Deut­sche Lit­e­ra­tur­zei­tung (1905), Spal­te 2664

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