VON DEN ›NACHTWACHEN‹ ZUR ›PROMETHEISCHEN WERKSTATT‹ DES THEATERS
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Quellen:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/24/Opernhaus_Braunschweig.jpg
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/15/Jacques_Carabain_-_Busy_Street_in_a_German_Town.jpg
schweig,
wo sein jüngerer Studiengenosse
und poetischer Mitstreiter August Winkelmann 1803 eine
Professur erhielt, reduzierte er sich
bis auf weiteres auf eine intellektuelle
Hilfsarbeiterstellung, überwinterte, schrieb in
dieser mimetischen Erstarrung die
»Nachtwachen«
und
eroberte sich allmählich das Theater seiner
Heimatstadt.
*
Postskript
2014)
In
Braunschweiger Adreßbuch
von 1813
wird der am Hagenmarkt wohnhafte Klingemann noch als
»Doctor
und Registrator«
aufgeführt,
war aber damals schon Mitdirektor eines Braunschweiger
Theaters (der »Waltherschen Gesellschaft«).
1821 erscheint er im Einwohnerverzeichnis offiziell
als »Director des National-Theaters«.
– In diesem Theatergebäude am Hagenmarkt
wurde im März 1772 von Döbbelin Lessings Emilia
Galotti uraufgeführt
und im Januar 1829 die von Klingemann, dem neuen
»General-Director des herzogl.
Hoftheaters«, für die Bühne bearbeitete
Faust-Tragödie
Goethes. – Zu Klingemanns eigenem Trauerspiel Faust
(1815) vgl. die exzellente Studie (2007) von Steffen
Dietzsch.
*
Viele
Einzelbeobachtungen nun lassen ein Leben jenseits der üblichen
Bühnenpassion erkennen.
Um die nötige Distanz zu den
Ansprüchen des zeitgenössischen Publikums zu
gewinnen, geht der Theaterleiter Klingemann
zunächst gegen theatralische Bastardformen
wie das Melodram oder eine bestimmte Form des Balletts
an, das »geradezu vom Brette in das –
Bette einladet«,74
will auch die Logenkäfige in den
Theatern ihrer diversen
Unterhaltungsmöglichkeiten wegen
verbannen und selbst die Oper nicht recht als geistiges
Vergnügen gelten lassen. »Kunst-Keuschheit«
im höheren Sinn steht
hinter seiner Ablehnung des Jeu mixte, der
augenzwinkernden Verständigung des Spielers mit
dem Publikum; noch eine gewisse Überfülle
an Empfindung, die auf die Individualität des
Schauspielers zurückdeute, ist ihm
bedenklich. Daß sich
das
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74
Kunst und Natur,
a.a.O., Bd. 3, S. 62. –
Zu den folgenden
Ausführungen vgl.
die Theaterschriften Klingemanns,
außer Kunst und
Natur insbesondere:
Was
für Grundsätze müssen eine Theaterdirektion bei der Auswahl der
aufzuführenden Stücke leiten? (Leipzig
1802), Beiträge
zur Deutschen Schaubühne,
hg. v. August Klingemann (Braunschweig 1824), Über
die Liebhaber in den Lustspielen
(Zeitung
für die elegante Welt
= ZeW,
1807, Nr. 108), Über
einige theatralische Darstellungen der Madam
Bethmann in Braunschweig (ZeW
1807, Nr. 159f. u. 162),
Über die
Verhältnisse deutscher dramatischer Dichter
(ZeW
1811, Nr. 35), Patrik
Peale's Darstellungen in Braunschweig
(ZeW
1811, Nr. 186ff. u.
242ff.), Über den
Geist tragischer Kunst (ZeW
1812, Nr. 27f.), Über
eine neue für die deutsche Bühne bestimmte
Bearbeitung des Hamlet (ZeW
1813, Nr. 142), Über
die Nothwendigkeit eines allgemeinen
Kunststudiums für Schauspieler (ZeW
1816, Nr. 97f.),
Ehrenrettung
der Emilia Galotti (ZeW
1817, Nr. 74ff.), Über
die romantische Tragödie (1808,
a.a.O. (Fußnote 43 auf S. 35), Öhlenschläger
(1812, a.a.O.,
1812 (Fußnote 68 auf S. 49), Über
die deutsche Bühne. Ein Fragment
(Mitternachtblatt
für gebildete Stände,
Braunschweig 1817, Nr. 31), Dramaturgie
des Braunschweigischen Hoftheaters
(Mitternachtblatt,
a.a.O., 1827, Nr. 73ff.) sowie Einige
Andeutungen über Göthe's Faust; in Beziehung auf
eine bevorstehende Darstellung
dieses Gedichts auf dem Herzogl. Hoftheater
zu Braunschweig (Mitternachtblatt
a.a.O.,
1829, Intelligenzblatt
Nr. 2 zum 9.1.).