ZERSPRUNGENE
IDENTITÄT
KLINGEMANN - ›NACHTWACHEN VON BONAVENTURA‹
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›Klingemann‹
mit den etymologischen HintergründenAnm.)
wäre mitverantwortlich für die monumentalen Zeichen des
Unerlösten, so die Erscheinung des ewigen Juden, der
das Stichwort - »Du siehst finster, du einziger Mensch,
dessen Leben der Zeiger der Zeit, der als ein
scharfes, nie im Morden innehaltendes Schwerdt, auf dem
Zifferblatte umherfliegt, nimmer
durchschneiden soll, und der nicht vergehen kann, als bis
ihr eisernes Räderwerk selbst zertrümmert«15)
- zum eigenen Abgang aufnimmt?:
»Zu
jeder Mitternachtsstunde trete ich, wie die mechanische Figur an dem Zifferblatte
einer Uhr, aus meiner
Verborgenheit hervor, um den Todesstoß zu vollführen, gehe aber jedesmal, wenn
der lezte Schlag ver-
hallt ist, wie sie, zurück, um sofort ins Unendliche wieder zu kehren und abzugehen. O wüßte ich
nur dieses
immerfort sausende Räderwerk der Zeit selbst aufzufinden, um mich
hinein zu stürzen und es
auseinander
zu reißen, oder mich zerschmettern zu lassen. Die Sehnsucht diesen
Vorsatz auszuführen bringt
mich oft zur
Verzweiflung; ja ich mache selbst wie im Wahnsinne tausend Plane
es möglich zu machen
- dann schaue ich
aber plözlich tief in mich selbst hinein, wie in einen
unermeßlichen Abgrund, in dem die Zeit, wie ein unterirdi-
scher nie versiegender Strom dumpf dahin
rauscht, und aus der finsteren
Tiefe schallt das Wort ewig einsam
herauf, und ich stürze schaudernd vor mir
selbst zurük, und kann mir
doch nimmer entfliehen.«16)
(An den
Leser, das einemal:
»Du erinnerst dich noch an
mein Narrenkämmerchen, wenn du anders den Faden
meiner Geschichte - die
sich
still und verborgen, wie ein schmaler Strom, durch die Fels- und Waldstükke,
die ich umher anhäufte,
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Anmerkung
im
Originalmanuskript:)
»Die
hier und da geäußerte Ansicht, in dem Namen Klingemann rühre
die erste Silbe von der Klinge = Schwertklinge her,
ist irrig. Älter und früher als die Schwertklinge war das
Klingen (= Tönen, Rauschen). Klinge heißt im
Mittelhochdeutschen eine von dem Rauschen,
Sausen und Brausen (d.h. Klingen) eines Baches, eines
Wasserfalls, einer Stromschnelle oder Furt
widerhallende Schlucht.« (Hugo Burath, der beste
Monograph; in: Burath, August
Klingemann und die Deutsche Romantik
(Braunschweig
1948), S. 208).
Auch
wenn man um die glänzende Bedeutung des Klanglichen für die
Romantik weiß, ist ein solches Vexier-Pseudonym derart
einleuchtend, daß eine energische Gegenprobe nötig wird,
für die erreichbaren Autoren der Zeit, die im Namen Anklänge
zeigten, wie in den Silben: Hall, Schall, Klock, Horn, Hör,
Mund, Laut, Ruf, Schrey, Lach, Beth, Heul; auch Knebel, Stumm,
Schweig, Still, Leis, Taub. - Eine Klingemann gleiche
anomale Identifikation zeigte sich für Karl Schellhorn,
einen kaum mittelmäßigen Lyriker (1789-1815). Nachtwächter
und Memnon scheinen sich anzubieten für eine
poetische Existenz: Die Schlußzeilen ((der)) Hymne ›Die
Verwandten‹:
»Mögt ihr euch, Weisen der Zeit, um glänzenden Wortkram
entzweien;/ Gleich dem Memnonischen Bild tön' ich vom
liebenden Blick.« ((Vorher:)) »Tönender
Wächter der Nacht! ... Stehst du im Bunde mit jenen finsteren
Schatten der Nächte? ... Scheuchet das schallende
Horn alle Unholde zurück? ...« »Doch siehst du
noch spät bei mir die Kammer erleuchtet, /... Mahne mich nimmer
so sehr an die flüchtigen Stunden der Freude«.
15)
Nachtwachen,
a.a.O., S. 59f. 16)
a.a.O., S. 75f.
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