LITERARISCHER VAMPIRISMUS. KLINGEMANNS ›NACHTWACHEN. VON BONAVENTURA‹
________________________________________________________
gen
waren und ihnen zu Klingemanns Studienzeit wiederum zugrundegelegt
wurden: Der »Entwurf
einer Theorie und Literatur der schönen Wissenschaften«
(1783), den Herder für die Weimarer Gymnasien
einführte, sodann das enzyklopädische »Lehrbuch
der Wissenschaftskunde«
von 1792 (der Terminus »Wissenschaftskunde«
stammt von Eschenburg) sowie sein ins Englische, Französische
und Dänische übersetztes »Handbuch
der klassischen Literatur«
(1783). Letzteres dient uns auch zum überzeugendsten
Nachweis der Annahme Buraths, Eschenburg habe
Klingemann besonders gefördert. An direkten
Bekundungen wären eigentlich nur zwei
freundschaftliche Erwähnungen in »Kunst
und Natur«
beizubringen218
sowie
Klingemanns Nachruf in der Zeitung
für die elegante Welt (Nr.
59 vom 24.3.1820). Ein viel stärkeres indirektes Zeugnis aber
sehe ich darin, daß Klingemanns Vater außer den
medizinischen Büchern noch Eschenburgs
»Handbuch«
als einziges Werk eines zeitgenössischen
Literaten in Kommission verkaufte (laut
Braunschweigischen
Anzeigen
vom
2.3.1799).
***
<Zu
Klingemanns »Arabeske«
»Die
Ruinen im Schwarzwalde«
(Braunschweig 1798/99):>
Erinnert
das zweideutiges Verhalten des
späteren Tyrannenmörders Alessandro
zunächst
noch stark an Fieskos Lavieren, so emanzipiert
ihn doch der eigentümlich mimetische Aspekt, wie er der eigenen
Maske zum Opfer fällt und sein Selbstgefühl
sich um so mehr verwirrt, als seine Repressalien
nicht zum offenen Aufruhr führen. Im ersten
Teil, der die Jahreszahl 1798
trägt,
wird dieser Konflikt sehr verhalten behandelt.
Im zweiten, mit der Jahresangabe 1799
und
typographisch abweichendem Titelblatt
erscheinenden Teil wird die Aporie derart unerbittlich
durchgehalten,
bis
zur Selbstvernichtung von Gewissen und
Reflexion, daß
ich
hierin die unmittelbare Berührung Klingemanns mit der
idealistischen Philosophie ansetzen muß
(am
14.
Mai
1798
wurde
er in Jena immatrikuliert
und
wird sich mit Feuereifer auf das Studium der
Literaturkritik sowie Fichtes Transzendentalphilosophie
geworfen haben). <...>
All
unser Interesse auf sich ziehen nun die vier großen, rhythmisch
fortrückenden Monologe Alessandros, die trotz des nervösen
und rhapsodischen Vortrags
so
deutlich auf Kreuzgang vorweisen, daß ich
schon im Anhange zum »Rohmanuskript« 1973
aus ihnen zitierte und dies hier wieder tun will.
-------------------------------------------------------------------------------------------218 Kunst und Natur,
a.a.O. (Fußnote 23 auf S. 22), Bd. 1, S. 84