______________________________________________________________________________________
Quelle: www.museum-digital.de/nat/index.php?t=objekt&oges=854
Selbstverständlich
hat sich auch der Theaterleiter Klingemann in vielem von Lessing
anregen lassen, vom Projekt eines »Nationaltheaters« an bis zu
Einzelheiten der Ausbildung von Schauspielern. 1818
veröffentlichte Klingemann »mit Benutzung des
Lessingschen Fragments« das Lustspiel »Die
Witwe von Ephesus«.
Angezogen haben dürfte ihn die kaum verhüllte Vampirabkunft des
Sujets, die bei Bächtold-Stäubli beschriebene
leichte Verschiebung, daß anstelle des Lebenden Leichnams
des Gatten ein Fremder in der Grabeskammer
die Liebe der Witwe genießt.210
Klingemann weicht nur in dem einen Punkt erheblich
von der Vorlage ab, daß er am Ende den Eingesargten
vom Scheintod
des »Starrkrampfes« wiedererstehen läßt
und
so sich wieder dem Vampirkomplex nähert.
Die
eigentümliche literatur- und geistesgeschichtliche
Ungleichzeitigkeit, diese oft von der »Nachtwachen«-Forschung
konstatierte Uberlagerung und Verflechtung von Themen der Romantik
mit dem nur schwer verträglichen Ethos der
Spätaufklärung erklärt sich biographisch daher, daß
Klingemann im Zentrum der
norddeutschen Aufklärung heranwuchs, die ja
insbesondere vom Collegium Carolinum
aus wirkte. Schon das zuvor von Klingemann besuchte
Gymnasium, das Katharineum spielte hier eine bemerkenswerte
Rolle. <...>
*
Einige
Sätze noch zu Johann Joachim Eschenburg (1743-1820). Durch
ausgebreitete Kenntnisse und Bekanntschaften mit
zeitgenössischen Literaten wurde er zum wichtigsten Lehrer
Klingemanns. Von Eschenburgs Verbindungen mit Lessing
und Leisewitz sprach ich schon, auch von der engen Freundschaft
des Leipziger Studenten mit dem jungen
Jerusalem, der ihm dann noch eine Hofmeisterstelle
am Carolinum vermittelt hatte. Sein
Kollege Ebert machte ihn dort mit der englischen
Literatur so ausnehmend gut vertraut,
daß Eschenburg Wielands Prosaübersetzung der Dramen
Shakespeares neu bearbeitete und zum
erstenmal vollständig in deutscher Sprache vorlegen
konnte. Nach Klaus Bartenschlager verweisen
die Zitate und Anspielungen in den »Nachtwachen«
auf die »Wieland-Eschenburg-Tradition
(also noch nicht auf den zur Entstehungszeit schon etliche Jahre
vorliegenden Schlegel-›Hamlet‹)«,
wobei
eine stärkere Hinneigung zu
-------------------------------------------------------------------------------------------
210 Bächtold-Stäubli, a.a.O.(Fußnote 122 auf S. 71) s v Witwe