er
habe widerrufen, er habe alle die Schwachheiten begangen, die man so
vielen Philosophen auf ihrem Sterbebette
begangen zu haben, schimpflich nachrühmt«;197
und
dessen Gelassenheit bis zuletzt Leisewitz in der »Nachricht von
Lessings Tod« (1781) so sehr hervorhob.198
Wiederholt
bemerkt Kreuzgang das Lächeln des Sterbenden und Toten.
Von Lessings lächelndem Blick sprach zuerst
Elise Reimarus 1781 in einem Brief. Lessings
Totenmaske, die der Braunschweiger
Christian
Friedrich Krull herstellte, widerspricht dem
nicht, »das bitter-schmerzliche Lachen, das die Freunde nach F.
H. Jacobis Zeugnis so sehr fürchteten ... scheint nur in
den Winkeln des fest geschlossenen ... Mundes
noch als ganz leises Lächeln zu haften ... In diesen ruhigen
Zügen, in denen jede Schärfe ausgelöscht
ist, scheint das stolze Wort überboten, das drei
Jahre zuvor, im Goeze-Streit geschrieben wurde: ›Ich
werde vielleicht in meiner Todesstunde
zittern, aber vor meiner Todesstunde werde ich nie
zittern.‹«199
GOEZE!
Wie das Schattenbild dieses Gegners aus Lessings letzter Zeit agiert
hier der eifernde Verfolger des Sterbenden. Hören wir
Kreuzgang:
»Neben
ihm steht, glühend vor Zorn, der Pfaff mit aufgehobenem Kruzifixe,
den Freigeist zu bekehren. Seine Rede
schwillt mächtig
an wie ein Strom«, indem er »wie ein wilder Höllenbreugel« das
drohende Jenseits male.
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197
Gotthold
Ephraim Lessing, Werke,
hg. v. H. G. Göpfert (München u. Darmstadt 1970ff.), Bd. 3,
S. 42
198
Johann
Anton Leisewitz, Julius
von Tarent und die dramatischen Fragmente
(Hamburg
1969; reprograph. Nachdr. der Ausg. 1889), S. 113 (Anhang)
199 Heinrich Schneider, Lessing. Zwölf biographische Studien (München 1951), S. 259
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