KREUZGANGS LIEBLINGSORTE: (BURG-)DOMPLATZ UND (MARTINI-)FRIEDHOF
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wächters Kreuzgang aus der Grabesnachtwache durchschlagen. Bis in gestische Andeutungen rekapituliert dies der Dialog zwischen Montezuma und Cortez, nachdem dieser das Götzenbild vom Altare stürzen konnte –
»O was geschieht mit mir! Wo ist mein Glaube?/ Wo meine Götter? –/ ... taub ist über mir der weite Himmel! .../ ich bin ein armer, armer Mensch! (er bricht in heftiges Weinen aus.)«
»Und wo einst tausend Augen nieder glänzten,/ Erblick' ich nichts als eine öde Wüste –/ Ha, gib mir wieder, was du mir geraubt!
CORTEZ. Ich habe nichts, bin ärmer als du selbst!
MONTEZUMA. Was drangst du denn zerstörend in dieß Reich?/ Was stürztest du die Tempel und die Götter .../ Das Unsichtbare sieht mein Auge nicht,/ Die Hand berührt es nicht, – ich steh' verzweifelnd/ In öder weiter Unermeßlichkeit,/ Und überall ist Nichts – und – Nichts und Nichts !«143
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Man wird Kreuzgangs »altem gothischen Dom« nicht die poetische Autonomie rauben wollen, wenn man in seinen weiteren Ausführungen Charakteristika des Blasiusdoms glaubt wiedererkennen zu können. Nichts von schmückendem oder repräsentativem Beiwerk, statt von Chorgestühl, Kanzeln spricht Kreuzgang von »starren hohen Säulen und Monumenten und den umher knieenden steinernen Rittern und Heiligen« sowie von einem Grabstein und einer am Grabe betenden steinernen Ritterfamilie. Der heutige Eindruck einer ausgesprochen herben steinernen Schlichtheit des Blasiusdoms, der »namentlich im Innern mit den außerordentlich kräftigen Stützen ungewöhnlich ernst« wirkt,144 muß seinerzeit noch überwältigender gewesen sein, da einige der bedeutendsten Kunstwerke fehlten. Ribbentrop mußte bedauern, daß sich kaum noch Altertümer im Dom befänden, das Imervardkreuz sei beiseite gesetzt, die beiden Holzplastiken Schmerzensmann und Passionssäule sowie ein weiteres Holzkreuz bewahre man im Turme auf, den riesigen siebenarmigen Leuchter und fast alle Reliquien habe man in einem Archive untergebracht und auch die vielen alten buntbemalten Fenster entfernt.145 So hielt sich später auch Klingemann, der doch den Dom unter »den alten gothischen Bauen« als »höchst merkwürdig
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143 Ferdinand Cortez, oder: die Eroberung von Mexiko, a.a.O., S. 83 u. 119f.
144 P.J. Meier/K. Steinacker, Die Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Braunschweig (Wolfenbüttel 1906), S. 10; vgl. auch Döll, a.a.O. (Fußnote 103), S. 11 145 Ribbentrop, a.a.O. (Fußnote 127), Bd. 1, S. 173ff.
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