Pest« scheint dem
Erwachsenen näher zu kommen. Klingemann gebraucht ihn wieder 1819,
als er bei der Durchreise durch Kassel sich der Zeiten
Jeromes, des »entnervten Lüstlings inder phantastischen Pracht
eines Theaterkönigs« entsinnt und
pointiert mit dem Anblick der vordem so belebten Wilhelmshöher
Anlagen schließt:
»Als
ich bei meiner Heimkehr mich noch einmal umsah und zum Herkules
hinaufblickte, welcher von
seiner
Wolkenhöhe stumm und ernst in die öde Gegend herabschaute, in
welcher die Wasser ruheten,
die
Tritonen schwiegen, und kaum ein einzelner
Fußtritt wiederhallte, da kam es mir vor, als sei die
Pest
dadurch hingezogen und habe ein entartetes
Geschlecht hinweggerafft.«28
Der Vergleich
spricht gezielt den Hofstaat um 1808 an. Sprachlich ist er wohl als
Wiederaufleben der Nachtwachen-Szene zu erkennen,
klärt uns aber über Kreuzgangs erstes, jäh verdüstertes Auftreten
selber nicht auf.
» ...
nach einer allgemeinen Pest oder Sündfluth.« Ob der Wortgebrauch
hier nun synonym ist oder nicht, das Bild der Sündflut ist nicht
lange vor Beginn der »Nachtwachen«
schon einmal von Klingemann aufgenommen
worden, nicht an beliebiger Stelle, sondern zum Auftakt des Pasquills
»Freimüthigkeiten«.
Hanswurst hat seinen Auftritt im »Prolog« folgendermaßen:
»(Die
Szene stellt ein Theater dar. Es ist ganz dunkel, der Vorhang
niedergelassen und kein Mensch zugegen.)
Arlequin
tritt auf, er hat sich in einen rothen Mantel gehüllt, unter dem er
eine brennende Laterne hervorzieht.«29
Ist dies nicht eine
Vorform des Debüts unseres Nachtwächters, wie er sich vermummt,
um in feindlicher Umgebung zu überstehen? Und
wie bei Kreuzgang folgt nun auch in Harlekins Prolog der
desillusionierende Rückblick
(»Denn mein altes Reich wieder zu gewinnen/ Dazu stehen die Sachen
zu schlecht«), der sich aktuell als Schauder vor dem
Kotzebueschen Theatertreiben ausdrückt:
»Zum
Teufel, wie sieht das hier aus,/ Es
gleicht schier einem Invalidenhaus;
Und überall ein so fataler Dunst -/ Gehört der zur neuesten Kunst?
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28
August Klingemann, Kunst
und Natur (a.aO.),
Bd. 1, S. 32ff.
29
August
Klingemann im "Prolog" zu seinen anonym erschienenen
Freimüthigkeiten.
Ein Seitenstück zu den Expektorazionen
(Abdera <Lüneburg>
1804).
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