Bildquelle: www.fontane-gesellschaft.de/home/werk-nach-1878.html
Nachbemerkung
Die
erste Fassung dieses Essays erschien 1979 unter dem Titel: Bilder
Fontanes gegen den Tod (in: Formen realistischer
Erzählkunst. Festschrift for Charlotte
Jolles. In Honour of her 70th Birthday,
Nottingham, S. 457-470). Der
Aufsatz führte damals noch nicht den Untertitel 'Vom
Versteckspielen zum kryptischen Erzählen',
den ich nunmehr zur Verdeutlichung der
Argumentationlinie hinzugefügt habe.
Die
These von der Bedeutung des "Versteckspielens" und der
"Buchbinderei" des Knaben Theodor Fontane für
die spätere Erzählkunst Fontanes hatte ich schon auf den
Schlußseiten meiner Dissertation von 1973 kurz vorgestellt.69
Paul Irving Anderson hat dieses
Motiv des Versteckspiels vor allem für die
(auto-)biographischen Hintergründe
und Anspielungen in Fontanes Werk in einer Reihe von Studien geltend
gemacht,70
während Holger Ehrhardt
es in seiner Dissertation von 200671
wieder stärker auf die
Erzählweise Fontanes bezog. Ehrhardts
Überblick über die Forschungsgeschichte zu Fontanes
"Subtexten" stellt auch meine
speziellere These von einer kryptischen,
primär sexualsymbolisch verschlüsselten
Erzählstrategie Fontanes näher vor
und macht
auf das Wiederauftauchen mancher Motive
meiner Dissertation bei Peter-Klaus
Schuster aufmerksam.
Dieser nämlich, der spätere Generaldirektor
der Staatlichen Museen zu Berlin, hatte
sie seinerzeit in dem von uns beiden besuchten
Doktorandenkolloqium bei Richard
Brinkmann näher kennengelernt und
etliches davon stillschweigend in seiner
Dissertation Effi
Briest - Ein Leben nach christlichen Bildern
(Tübingen 1978) in einen
harmlos-gefälligeren
kunstgeschichtlichen Zusammenhang
gerückt (Effi steht für ihn in der Nachfolge
Mariä).
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69
Auf S. 219 der 1974
gedruckten Dissertation, vgl. die Quellenangabe auf S. 3.
70
Zuletzt in seinem Buch
Der
versteckte Fontane und wie man ihn findet
(Stuttgart 2006). 1998
stellte Anderson die Frage: "Welcher
Literaturwissenschaftler hat als erster die Versteckspiel-These
formuliert? ... Entscheidend für die Erkenntnis,
daß System dahinter steckt, waren m.E. Walter
Keitels Anmerkungen in der Hanser-Ausgabe, die
mehrfach auf die Versteckspiel-Stelle <d.i.
in den Kinderjahren, H.F.>
hinweisen. In seiner 1974 veröffentlichten
Doktorarbeit hat Horst Fleig sie so gedeutet,
daß Fontanes Romane wie kodierte
Texte gelesen werden können. Noch genialer
ist sein Beitrag von 1979 <d.i. Bilder
Fontanes gegen den Tod>.
Aber tatsächlich diskutiert wurde die
Versteckspieltheorie erst, als mein Artikel von 1980 <d.i.
Meine
Kinderjahre - die Brücke zwischen Leben
und Kunst>
kritisch rezensiert wurde." So P. I. Anderson in
seinem Aufsatz Von
'Selbstgesprächen' zu 'Text-Paradigma'.
Über den Status von Fontanes Versteckspielen
(Fontane
Blätter,
Heft 65-66, 1998, S. 300-317; Zitat S. 302).
In
dieser Frage Prioritätsstreitigkeiten aufkommen zu lassen, wäre
absurd. Walter Keitel jedenfalls hat mir keine Anregung
für versteckte Erzählstrategien bei
Fontane gegeben, vielmehr war es meine Entdeckung von nicht
bewußt ablaufenden "Übersprungsbewegungen"
und "Symptomhandlungen" der Fontaneschen
Romanfiguren, die ich in einer
Seminararbeit bei Richard Brinkmann
beschrieb und die mich sukzessive auf
tieferliegende kryptische
Textschichten dieses großartigen
Erzählers brachten.
71
Holger Ehrhardt,
Mythologische
Subtexte in Theodor Fontanes 'Effi Briest';
gedruckt 2010 als Bd. 6 der Reihe MeLiS (bei Peter Lang,
Frankfurt/Main). Vgl. insbesondere S. 48f., 84-86, 110 und
126f.
Textversion vom November 2014 H.F.