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Bildquelle: www.kirche-wuthenow.de/anhang.html
der
Verstorbenen eingetreten, legt Schach sich unter den vielen
Kunst- und Erinnerungsgegenständen
beim Lichte eines Doppelleuchters nieder, den er einst seiner
"Mutter verehrt" hätte; und bittet den
Alten noch darum, abzuschließen, "daß sie mich
nicht wegtragen". Beim Verschwelen der beiden
Wachslichter von den angelockten und ihn streifenden
Motten und Nachtschmetterlingen geweckt,
umschreitet er in der Nacht die Sonnenuhr aus
Sommerblumen, die seit dem Tode der Mutter
wuchern und saugt derweil den Duft der Levkojen immer
tiefer ein; und umschreitet erneut viele
Male wie im Bann den Schatten der beim See stehenden uralten
Eiche. Endlich – und sexualsymbolisch
stärker verschlüsselt – das
Zurückfinden zur Mutter, als Schach in einem "Schilfgürtel
..., der die tiefeinmündende Bucht von drei
Seiten her einfaßte", erst den Zugang zu dem
Sommerboot der "Mama" wiederfinden
muß; und zuletzt über diesen toten Arm in den
Ruppiner See selbst eintreibt, wo er leise, im
Binsenstroh des Bootes daliegend, in den Schlaf
geschaukelt wird.
Diese
verschlüsselt erzählte intrauterine Geborgenheit ist der
frühestmögliche biographische Hintergrund für die
beseligenden Erfahrungen, die der
Knabe Theodor bei seiner Versteckpassion im Heu gemacht hatte.
Und nicht von ungefähr vertraut sich Schach gerade
diesem See so an, an dem Fontane selber geboren
wurde und die ersten Lebensjahre verbrachte.
Ja, erst auf halbem Wege zum Neuruppiner
Gegenufer59
hin
findet Schach diesen
zeitüberschreitenden
Schlaf.
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Haut wie
ein Baby zeige (N III, 227). - Vgl.
dazu auch Pierre Bange in seiner Studie Ironie
et dialogisme dans les romans de Theodor Fontane,
Grenoble, 1974: "La promenade sur l'eau réalise
l'abandon a la nature-mère ... Un courant emmène Schach qui se
laisse bercer doucement au fond de la barque ... Tout
ramène Schach la béautitude du sein maternel,
à la totalité heureuse dans laquelle il se fond." Und
Bange zitiert Bachelard: "L'eau nous porte. L'eau nous berce.
L'eau nous endort. L'eau
nous rend notre mère!"
(S.
113f.)
59
Wenn am nächsten Morgen der Ruppiner Pfarrer Bienengräber vom
Gegenufer aus zum Gottesdienst mit dem Boot herüberkommt
und Schach ihm auf der Rückfahrt das Vorgefallene beichten möchte,
dann zeichnet sich dahinter auch die wunderliche
Szenerie
des alten Ruppiner Kirchenbildes
von Heinrich Krüger (1694) ab, auf dem, assistiert vom Steuermann
Christus, der damaligen Ruppiner Geistliche und sein Küster
beim Übersetzen nach Wuthenow in mehreren Bildstationen
zu sehen sind. Vgl. die Abbildung unter URL:
http://homepages.compuserve.de/kirchewuthenow/kap_7.htm
Fontane
beschreibt das Bild in dem später (seit der 3. Aufl.) aus den
Wanderungen
durch die Mark Brandenburg
wieder
ausgeschiedenen Kapitel "Dörfer und Flecken im Lande Ruppin"
(N IX, 1960, S. 560f.).