GEGENBEWEISFÜHRUNG: MODELL SICH WANDELNDER (GRUND-)WORTVORLIEBEN
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Mein
mikrostilistisches Verfahren von 1973 vermochte auf dem negativen
Wege der Exklusion einen Unbekannten aus einer
beliebig großen Anzahl von Schriftstellern als den einzig
Nichtwiderlegbaren herauszufinden. An jene
negative Identifizierung schließe ich nun
an, um
–
mit
neuer Methode –
auch
den positiven Nachweis der Identität zu
erbringen. Zugleich
freilich geht das jetzige Verfahren über den
bloßen Nachweis der Autorschaft weit hinaus, da der
Hauptakzent ja auf der philologisch und
besonders interpretatorisch höchst
aufschlußreichen Datierung der 16 einzelnen Nachtwachen
liegt, das heißt der Identitätsnachweis
jedesmal neu (und wie beiläufig) in der Sequenz der
Datierungen mitenthalten ist. So
anschaulich und schlicht wie möglich wäre
die Prozedur wie folgt zu beschreiben:
Die 16
Nachtwachen können gleichsam als Momentaufnahmen
der sich wandelnden Schreibgewohnheiten des
Autors fixiert und datiert werden, falls es
gelingt, jedesmal ihren Grundwortbestand
zu ermitteln, der als solcher auch in der kritischen
Tätigkeit (in der »Eleganten«)
Anwendung findet. Auszuschließen von
der Aufnahme in eine solche Grundwortliste sind
demnach alle Sprachbereiche, die von dem
besonderen Thema einer Nachtwache abhängen, so für die 6.
und 7. Nw besonders die juristische
Terminologie, für die 9. Nw medizinische Belange
oder für die 13. Nw das Gebiet der Bildenden Kunst.
Denn andernfalls wären unter den Artikelbeiträgen
diejenigen von vornherein bevorzugt, die
zufälligerweise das gleiche Thema
behandeln; gewiß gibt es auch für derartige
Sondergebiete sprachliche Vorlieben,
aber aus Gründen der statistischen
»Chancengleichheit« für die Artikel dürfen
sie nicht aufgenommen werden. Ebenfalls nicht zu
berücksichtigen sind Wortbereiche
und Ausdrucksmittel, die sich beim bloßen
thematischen Wechsel nicht mehr durchhalten:
Namen,
Individualbegriffe, Titel,
Kategorien für das soziale Umfeld und überhaupt
Fachbegriffe und Sachbezeichnungen, die mit zum
behandelten Stoff gehören; speziell für
das Erzählen hat das anschauungsgebundene
Vokabular (Konkreta meist) zu entfallen,
Körperlich-Gestisches, szenisch Gehaltenes,
Naturschilderungen sind ebenso
auszuklammern wie bestimmte
Redesituationen, Formen der
Deixis ...
Was bleibt, ist
umfangreich genug. Zum einen ist es der traditionelle Bereich des
grammatikalisch Relevanten, der hier, auf dem statistisch
leicht zu überprüfenden Niveau der Wortarten, vor allem in den
Konjunktionen, Modaladverbien,
Pronomen bzw. in allgemeinen Kategorien der
Zeit und Negation entscheidend sein dürfte. Zum
anderen nun aber durchaus auch der
nicht-funktionelle Sprachbereich, der wegen
jener Bedingungen freilich schon bedeutend
formalisiert zur Erscheinung kommt.
Von einem
Grundvokabular ist somit in dem Sinne und
mit der Erwartung zu sprechen, daß hierin das sprachlich
wohl Ursprünglichste und Lebendigste, die
operative Kompetenz und Beweglichkeit eines Schriftstellers
angetroffen werden kann. Erst
nach dieser Reduktion ist es möglich, den
so ermittelten (Grund-)Wortbestand
einer Einzel-
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