LITERARISCHER VAMPIRISMUS. KLINGEMANNS ›NACHTWACHEN. VON BONAVENTURA‹
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nachtwache
mit dem aller beteiligten
Artikel Klingemanns zu konfrontieren, das ist zu untersuchen, ob
in der Abfolge dieser Artikel ein engerer Zeitraum
hervortritt, in dem das Grundwortmaterial der betreffenden
Nachtwache besonders bevorzugt erscheint und
ob eine solche Bevorzugung auch der statistischen
Beweisführung standhält. Zu diesem »Chiquadrat-Test«
später.
Im
Aufwand kann dieses Modell selbstverständlich nicht mit den
EDV-Strategien konkurrieren wollen, die zigtausende
von Wörtern verarbeiten wie bei Wickmanns Wortartübergängen, wo
etwa der Übergang von der Wortart Substantiv zu
den folgenden Wortarten gezählt und einer vergleichenden
Berechnung unterzogen wird: finite Verbform, infinite
Verbform, Hilfsverb, Artikel, alleinstehendes
Pronomen, attributiv gebrauchtes Pronomen,
Adverb, Verbzusatz, Präposition,
Konjunktion, Satzschluß, unflektiertes
Adjektiv; und umgekehrt werden von jeder einzelnen dieser und
weiterer Wortarten die möglichen
Übergänge zu den anderen hin gezählt, wobei Wickmann aus
statistischen Gründen nur diejenigen
Übergänge aufgenommen hat, die öfter als 225mal belegt
sind (in den vier
verglichenen Erzählungen)! Mein
Modell kurzfristig sich ändernder
Sprachvorlieben hingegen ist so angelegt, daß
gerade die relative Seltenheit
beim Gebrauch der Wörter interessiert
und so nur ein Bruchteil an
Belegstellen eine Rolle spielen kann. Um von
vornherein aussichtslose Sammel- und
Rechenarbeiten für so banale Konjunktionen
wie »und« oder den Artikel zu ersparen, ist es
sinnvoll eine numerische Obergrenze
festzulegen und nur »Grundwörter« aufzunehmen, die nicht öfter
als 20mal in den »Nachtwachen«
gebraucht werden. Selbst dies ist als Obergrenze noch
ziemlich großzügig, könnte man doch auch daran
denken, nur Wörter aufzunehmen, die je nur ein einziges
Mal in allen Nachtwachen und in allen beteiligten
Artikeln Verwendung finden. Nichts spräche
dagegen, oder doch nur die Tatsache, daß wir
keinerlei Erfahrung haben, wo in etwa
derartige Sprachvorlieben sich am
stärksten und für die Datierung am günstigsten
bemerkbar machen, ob also schon bei dem extrem
seltenen Einzelgebrauch hüben wie drüben
oder erst beim mehrmaligen Gebrauch. Zur
Sicherheit und auch zur Gegenkontrolle
wird es darum angebracht sein, mehrere
Typen von Vorlieben oder »Seltenheitsniveaus«
zu berücksichtigen,
darunter ein Niveau für die Untergrenze des einmaligen
Vorkommens und ein anderes für die Obergrenze
des bis zu 20maligen Vorkommens in den
»Nachtwachen«.
Welche
Artikel Klingemanns kommen bei der Datierung in Frage? Nähme man
alle seine Beiträge in der »Eleganten«
bis zum Jahre 1827 auf, so würden
allein schon wegen des langfristigen sprachlichen Wandels,
der im wesentlichen zeittypisch und noch nicht Ausdruck des
Individualstils ist, all die Artikel stark bevorzugt
werden, die um das Jahr 1804 geschrieben wurden; vermutlich
ließe sich so bei jedem beliebigen Schriftsteller eine
Konzentration zugunsten der um 1804 liegenden Jahre
nachweisen. Um diesen Effekt des überindividuellen
Sprachwandels auszuschließen, ist