KREUZGANGS LIEBLINGSORTE: (BURG-)DOMPLATZ UND (MARTINI-)FRIEDHOF
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ßer dem St. Blasius-Dom auch ein Friedhof namentlich eine Rolle spielt. Und
zwar erscheint er - was aufhorchen läßt - als Versammlungsort des
Femegerichts, dessen fast freimaurerisches
Zeremoniell den jungen Klingemann damals sehr beeindruckte.
Kreuzgang, der da entschieden distanzierter
ist, läßt sich trotz seiner generellen Absage an »alles
Geheimnißvolle und Wunderbare, vom
Freimaurerorden an, bis zu den Mysterien einer
zweiten Welt« zum erstenmal von einem gewissen
Schauder auf diesem Friedhof mit dem kabbalistischen
Denkmal ergreifen (16. Nachtwache, a.a.O., S. 187ff.).
Weitergehende Erwartungen werden
zunächst aber dadurch enttäuscht, daß Klingemann sich in
dem »historisch-romantischen Gemähide aus
dem dreizehnten Jahrhunderte« um äußere Stimmigkeit
bemüht und somit offenbar auch an einen
Friedhof innerhalb der Stadtmauern denkt:
»Braunschweig.
Martinikirchhof.
(Im
Hintergrunde die Kirche, viele Monumente stehen auf dem Plazze. -
Finstere Nacht... Viele Frei-
frohnen
und Vermummte gehen umher.
Otto, (an das
Piedestal eines mit Trophäen gezierten Monuments gelehnt.) Auch hier
ruht einer von
Hagen,
dessen Grab die Herzöge so zierten, blos weil er in der Schlacht den
Tod für's Vaterland starb ...
Stürzt
Monumente und Ehrensäulen, ihr sähet ja nie dem Darunterliegenden
in das Herz.«155
Der
alte Kirchhof bei der Martinikirche wäre demnach gemeint, der 1758
gepflastert wurde.156
An
seiner Stelle erhielt die Martinigemeinde den Friedhof
gleichen Namens am Hohen Tore. Über die folgende Notiz
von Hugo Burath wird nun dieser Vorstadtfriedhof zu
einem ernsthaften Anwärter: Klingemanns Mutter besaß
nicht nur das Haus am Papenstieg, seit 1775 war ihr zugleich »ein
Garten samt darauf stehendem Hause und sonstigem
Zubehör vor dem Hohen Tore zwischen dem St.-Martini-Kirchhofe
und des Hospitals St. Thomae Garten von den
Eltern ›vererbfället‹.«157
Der
Weg zu diesem Friedhof, der kaum 15 Minuten vom
Papenstieg liegt, führte an dem altem Martinifriedhof
der Altstadt vorbei, so daß man sich gut vorstellen
kann, wie der Gymnasiast sich »seinen« Friedhof
am Hohen Tor in den historischen
Martinifriedhof rückübersetzte.
Es gab noch vier andere Friedhöfe am Hohen
Tor; drei davon aber hatten einen zu speziellen
Charakter (für Kinder oder konfessionelle
Minderheiten), und nur der Brüdernkirchhof
käme noch in Frage. Der Martinikirchhof
liegt nicht bloß dem Gartengrundstück
am nächsten, hat zudem nicht nur das Argument der
Übersetzbarkeit in den historischen Roman auf
seiner Seite bzw. wies konkret auch eine herzogliche
Ehrensäule für einen Freimaurer auf (dazu nachher), vielmehr war er
Grabstätte von
Johann Arnold Ebert, dem Über-
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155
Die
Asseburg,
a.a.O. (Fußnote 118 auf S. 70), Bd. 1, S. 293f.
156
H. Meier/W. Schadt, a.a.O.
157
H. Burath, a.a.O. (Fußnote 84 auf S. 58), S. 18
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