LITERARISCHER VAMPIRISMUS. KLINGEMANNS ›NACHTWACHEN. VON BONAVENTURA‹
________________________________________________________
Wie in der 4.
Nachtwache läßt Klingemann Mozart einmal - wörtlich - »im
Zwischenakte« tröstlich und provozierend auftreten
oder notiert besorgt, ob ihm das Orchester auch Gerechtigkeit
widerfahren lasse; um dann entzückt zu beschreiben,
wie der »Don
Juan mächtig die ganze Geisterwelt der Töne
stürmt, Sylphiden und Furien zugleich aus ihren Sitzen
hervorruft, und den süßen Fandango mit
wilden Schlangentouren umschlingt.«93
Aufschlußreicher
als der Umstand, daß er in der Eleganten
auch
als Musiktheoretiker hervortrat (so 1803 in Nr. 153) und
kritisch von Braunschweiger Opernaufführungen und anderen
musikalischen Ereignissen berichtete, ist seine
frühe Freundschaft mit angehenden Musikern.
»Meinem biedern C. F. Görges« widmete er sein
Erstlingswerk »Wildgraf
Eckart von der Wölpe.
Eine Sage aus dem vierzehnten Jahrhunderte«
(Braunschweig
1795). Christoph Friedrich Görges94
wurde
1776 als Sohn eines Kantors und Lehrers in Peine
geboren und kam zu musikalischer und theologischer
Ausbildung nach Braunschweig, wo er wie Klingemann
das Katharineum besuchte. Stark beeinflußt
wurde er durch die italienische Musik am
Hoftheater. Zusammen mit Klingemanns engstem Freund
Bornhardt machte Görges 1803 ein »Musikkomtoir«
auf, das aber nur bis 1806 bestand. Es wird der nämliche
Musikverlag gewesen sein, der Februar
1803 Klingemanns Stück »Die
Lazzaroni«
im
Manuskript anbot (s.
S. 28f.).
Von
1810 bis zu seinem Tode 1852 war Görges Opfermann
und später auch Kantor am Blasiusdom.
Von
seinen Verbindungen zu Klingemann ist eigentlich
nur der nicht unironische Tatbestand
dokumentierbar, daß er es war, der 1831 ins
Kirchenbuch der Gemeinde St. Blasien Tod und
Beisetzung des Doktors der Philosophie
und Theater-Generaldirektors eintrug.95
Daß
er sich auch auf andere Weise für jene Widmung
revanchiert hat, darf man bei den folgenden biographischen
Notizen –
die
wohl von seinem Sohn stammen –
getrost
annehmen: Görges brachte unter wechselnden
Pseudonymen eine
Reihe von musikalischen Arbeiten
heraus, darunter Singspiele, Opern und auch
Kirchenmusik. Schon 1796 debütierte er mit einem mild-satirischen
Roman »Wallors
ra-
-------------------------------------------------------------------------------------------
93
Kunst und Natur,
a.a.O. (Fußnote 23), Bd. 1, S. 140f., Bd. 2, S. 300
94
Zu Görges vgl. Neuer
Nekrolog der Deutschen (Ilmenau
1824-54), 1852, 2. Teil, S. 829-833 (das erwähnte Manuskript
befindet sich Stadtarchiv Braunschweig (H VIII A: 1367). Vgl. ferner
Allgemeine
Deutsche Biographie (Leipzig
1875-1912), Bd. 9, S. 373f.
95
Stadtarchiv Braunschweig, Nr. 217C (G III 1:241 = Kirchenbuch
für die Gemeinde St. Blasius in Braunschweig. IV. Verz. der
Verstorbenen u. Begrabenen im Jahre 1831,
S. 132).
- 63 -