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LITERARISCHER VAMPIRISMUS. KLINGEMANNS NACHTWACHEN. VON BONAVENTURA 

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Nicht die Pa­r­al­lel­stel­le also vermag zu identifizieren, vielmehr ist sie selber allererst zu iden­ti­fi­zie­ren, ist als Fra­gment ei­ner be­stimm­ten Bildungsgeschichte oder schon speziell als in­di­vi­du­el­les Sti­li­sti­kum zu be­handeln. Das in­di­vi­du­el­le Moment der Ver­ar­bei­tung wäre am leich­te­sten noch dort nach­zu­wei­sen, wo je­mand Fremdtexte in sein of­fi­zi­el­les Werk in­te­griert und die­se auch in sei­ne um­strit­te­ne Ver­öf­fent­li­chung (wie »Nachtwachen«) eingearbeitet hat; al­ler­dings zeigt sich dies nicht schon in der kom­men­tar­los zitierten Übereinstim­mung, wie Schillemeit es gleich seinen Vor­gän­gern und ei­ni­gen Nach­fol­gern vorauszusetzen scheint, sondern erst in den ge­mein­sa­men Ab­wei­chun­gen, in den noch so ge­ring­fü­gig schei­nen­den Variationen bei der Übernahme des Frem­den <s. in mei­nem ge­druck­ten Klin­ge­mann-Buch S. 97 zu »Pro­ta­go­nist« oder ebenda S. 42 zu Eras­mus Dar­win>. Weit­aus schwieriger ist die Iden­ti­fi­zie­rung des Au­tor­spe­zi­fi­schen in For­mu­lie­run­gen und Kon­stel­la­ti­o­nen, die als »Wie­der­ho­lun­gen« im ganzen of­fen­bar vom Au­tor selbst stam­men. Frei­lich mag es einen wie Schil­le­meit drän­gen, statt auf »blaß« und »all­ge­mein« klin­gen­de For­mu­lie­run­gen auf »aus­ge­fallene« und »aparte« zu ach­ten. Es gibt aber kei­ne Aus­drucks­wei­sen, Ge­dan­ken und For­mu­lie­run­gen, die als solche schon jemanden in seiner Ein­zig­ar­tig­keit do­ku­men­tieren könnten; von der Möglichkeit ei­nes Pla­gi­ats ein­mal ab­ge­se­hen, muß jeder Au­tor selbst da, wo er ei­ge­ne schrift­li­che Äu­ße­run­gen wieder benutzen will, aus ei­nem an­de­ren Zu­sam­men­hang her­aus den­ken, un­ter ver­än­der­tem Pro­b­lem­druck und -be­wußtsein, wobei das Zi­tier­te, und be­son­ders das Ei­gen­wil­lig-Kom­ple­xe­re, auf der Stel­le di­stan­ziert wird. Wes­halb alle »Pa­r­al­le­len«, auch die wirk­lich au­tor­spe­zifischen, mehr oder min­der schief und falsch lie­gen müs­sen.63

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63 Ähnlich 1984 Andreas Mielke anläßlich seiner Pa­r­a­ll­e­len-Kri­tik an Schillemeit: »Gehen wir ... davon aus, daß Pa­r­a­lle­len zwe­ier Texte eine Beziehung zueinander beweisen, so ist ... die Beziehung selbst zu interpretieren. Es geht nicht an, Ge­mein­sam­kei­ten schlicht als Indizien für identische Verfasserschaft anzusetzen, seien sie stilistischer, or­tho­gra­phi­scher oder the­ma­ti­scher Art« (Miel­ke, Zeitgenosse Bona­ventura (Stuttgart 1984), S. 58. Mielke, der übri­gens auch die mög­li­che Re­le­vanz der Nacht­wa­chen v. Knoblauchs sowie die fehlerhafte Auflistung der Die­ne­mann-Ti­tel durch Mi­chel er­kannt hat, liegt aber ge­wiß mit sei­ner Ansicht schief, die Fußno­ten der Nachtwachen müß­ten we­gen ih­res vermeintlich le­ser­freund­li­chen Charak­ters von einem anderen Autoren als »Bonaventura« selber stam­men (s. S. 133ff. sei­ner Dis­ser­ta­ti­on) sein Haupt­be­weis­stück dafür, die Moritz-Fußnote der 16. Nachtwache, ist nach meinen vorhin <S. 131 im ge­druck­ten Buch> ge­ge­benen Er­läu­te­run­gen ja ganz anders, als durchtrie­benes Spiel nämlich mit dem Leser und mit Tieck auf­zu­fas­sen.

   Daß nun Mielke, nach seiner gescheiten Kritik an der Beweistauglichkeit von Parallelen überhaupt, für 1985 »alles in den Schatten stellende« »Parallelen« zwi­schen Jean Paul und den Nachtwachen ankündigt (S. 22 und 240), ist so befremdend wie sein Einfall, ausgerechnet mein Rohmanuskript von 1973 das im methodischen Wider­spruch zu allen Pa­r­a­l­le­len­an­häu­fun­gen mit einem »Exklusionsverfahren« operiert als »Par­al­le­len­samm­lung« zu bezeichnen.

   Apropos: Wenn man jetzt wiederholt darüber klagt, daß jenes Rohmanuskript relativ schwer aufzufinden ist, so darf ich ver­si­chern, daß dies weniger an meiner Freude am Versteckspiel gelegen hat, als vielmehr am Mangel an Weitsicht und

 

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