ATHEISMUS DER SELBSTVERGOTTUNG
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Quelle: Paul Zimmermann, siehe Fußnote Nr. 232
bühne wüßte man gern mehr. Schauspielern war er damals schon so nahe, daß er in Jena ein bewegendes Begräbnis des Komödianten Mädel besorgte, der in der Braunschweiger Aufführung der »Maske« mitgewirkt und dort auch Regie geführt hatte.230
Noch am besten dokumentiert ist seine Zugehörigkeit zum Kreise der »Rose« um Clemens Brentano, obgleich Klingemann selber sich wiederum nur flüchtig über Brentano und »unser originelles Zusammenleben in Jena« geäußert hat.231 Immerhin hatte er aus dem Jahre 1798 ein werbendes Beschwerdeschreiben Brentanos an ihn aufbewahrt: Neben »gewißen Kenntnißen« suchte dieser »den Umgang eines Menschen, der mich übersieht ohne auf mich herabzusehen«, sprach auch von der an Klingemann gerühmten Bescheidenheit.232 Erinnern schon diese wenigen Züge an Romanos besondere Aufgeschlossenheit für das Fremde und seine Kritik des Aufsehen erregenden »Originalen«, so wird dies kenntlicher noch in einem – für uns wunderbar hellsichtigen – Urteil des mit Klingemann und Brentano befreundeten Arztes, Philosophen und Dichters Stephan August Winkelmann, der im Anhang zu Brentanos »Godwi« (1801), in den »Nachrichten von den Lebensumständen des verstorbenen Maria« Klingemann so charakterisiert hat:
»Trefflicher Spiegel Deines Zeitalters! Dich weckte schon in früher Jugend der Genius, mit versteckten Erfindungen dem Irrthume zu begegnen – was Du geschrieben, ist eine stille Persiflage der herrschenden Schwäche – mit kluger Mäßigung verhüllst Du Dein Vorhaben und Deine Originalität – Viele sind Dir begegnet, ohne Dich zu erkennen – unbesonnene Kritiker tadeln Deine Werke, die sie dem Aeußern nach beurtheilen – die Nachwelt wird Dir danken!«233
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230 Fritz Hartmann, a.a.O.. (Fußnote 196), S. 254f. bzw. ein Zettel in der Theaterzettel-Sammlung des Braunschweiger Stadtarchivs (HXA: Bd. 3, Nr. 79, vom 19.8.1797). <Vgl. ferner Klingemann in Kunst und Natur, a.a.O. (Fußnote 23), Bd. 2, S. 485>
231 Kunst und Natur, a.a.O., Bd. 1, S. 414
232 Vgl. Paul Zimmermann, Aus den Briefschaften August Klingemanns. In: Braunschweigisches Magazin 1923 (Nr. 2), Sp. 20f. – Abdruck des Briefes auch in: Clemens Brentano. Sämtliche Werke und Briefe, Bd. 29, Briefe I (hg. v. Lieselotte Kinskofer, Stuttgart 1988), S. 144-146.
P.S. 2014) Brentano bleibt freilich in kritischer Distanz zu Klingemann und schreibt so einem ungenannten Freund: »Klingemann ist ein Geistiger Mechanikus, der unendlich aber nicht unbeschreiblich ist, seine kunst ist mehr Astronomie, als Poesie der Sternbilder ...« (Brief vermutlich vom Dezember 1801). In: Sämtliche Werke und Briefe, a.a.O., S.396; vgl. ebd. S. 548 und S. 551
233 Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter. Ein verwilderter Roman von Maria (1800/01). Neu hg. v. Werner Bellmann in: Clemens Brentano. Sämtliche Werke und Schriften. Hist.-krit. Ausg. (Stuttgart 1978), S. 565
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