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GOETHES LETZTES JAHRZEHNT. WARTE NUR, BALDE ...

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Bildquellen: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/0d/Issus_-_Alexander.jpg

Bd. 38 der Frankfurter Goethe-Ausgabe, hg. v. Horst Fleig, a.a.O. (s. Anm. S. 1), Abb. 14


Tage nur vor sei­nem To­de, in drei gro­ßen Brie­fen vom 10. bis 15.3. 1832 an W. Zahn, Zelter und C. B. Cot­ta führt Goethe jene beiden verschüt­teten Lebensbereiche zur Veranschaulichung seiner eigenen Si­tu­a­ti­on suk­zes­si­ve zusammen. Bei Zahn bedankt er sich für die Zusendung des Grundrisses der pom­pe­ja­ni­schen, zu Eh­ren sei­nes verstorbenen Sohnes so genannten ›Casa di Goethe‹ sowie für eine Zei­chnung des un­längst dort frei­ge­leg­ten Ale­x­ander­mo­sa­iks. Seine Deutung des Mosaiks konzentriert sich auf den psy­cho­lo­gi­schen Mo­ment, der Da­ri­us' Niederlage besiegele, der sich zur Flucht wende, als er seinen Bru­der von Ale­xa­n­ders Lan­ze durch­bohrt sieht, »in dem Seinigsten überwunden«, »sich vor der unmittelba­ren Ge­fahr we­ni­ger als über den Un­tergang seines Ge­treu­sten entsetzt« (ein solches Motiv gerade in der ›Ca­sa di Goe­the‹!). In­tuitiv zieht er sogleich eine - von Kunst­hi­sto­ri­kern in­zwischen bestätig­te - Ver­bin­dungs­li­nie hin zu Raf­fa­els Kon­stan­tins­schlacht, eine In­ter­pre­ta­ti­on, die das Freigelegte zur Entdeckung anderer ver­schol­le­ner Zwi­schen­über­lie­fe­run­gen einsetzt. Er be­schließt sei­ne Aus­le­gung mit einem Hoff­nungswort für künf­ti­ge Aus­gra­bun­gen: »der echte Sinn wird bei suk­zes­si­ver Ent­de­ckung echter Gegenstände gewiß er­hal­ten und in ech­ten Men­schen zur ge­legnen Zeit fortleben und wie­der auf­le­ben«. So, unter diesem drei­fa­chen Vor­be­halt der Echt­heit, könnte Goethe es auch von seinem versie­gel­ten Faust-Ma­nu­skript ge­sagt ha­ben (das er denn ver­mut­lich doch noch illusionslos »von dem Dü­nen­schutt der Stun­den zunächst über­schüt­tet« sah).

   Im Brief vom 11.3. an Zelter spricht er zum ersten Mal von der Vergleichbarkeit der pompejanischen Fun­de und der sich um ihn her lagernden Fossilien (in deren Zeitendunkel sich zu versenken einen wahn­sinnig ma­chen wür­de). Und zieht dann einen höchst emotionalen Vergleich im Schreiben an Cotta, ei­nen Kan­di­da­ten an der Frei­ber­ger Bergakademie, der ihm Schriften und Zeichnungen zu versteinerten Bäumen zu­ge­sandt hat­te: Die be­glück­ten und doch immer auch schmerzlichen Emp­findungen angesichts der aus­ge­gra­be­nen antiken Artefakte äh­nel­ten den Emp­findungen beim Anblick dessen, »was in der Urzeit all­ge­mei­ne­re un­be­greif­li­che Na­tur­wir­kun­gen in ei­ner großen Weltbreite niedergeschlämmt, niedergedrückt und ver­schüt­tet, da­mit wir von ver­schwun­de­nen Or­ga­nis­men genugsam erführen, welche in der Vornacht der Zei­ten doch auch das Ta­ges­licht und sei­ner Wär­me ge­nos­sen, um kräftig und fröhlich zu leben und sich auf das ge­dräng­te­ste zu ver­sam­meln«. Wer hat je mit solch brü­derlichem Mitgefühl von Fossilien und ihrer Op­fe­rung für die Er­kennt­nis ge­spro­chen? Sei­ne Bit­te an Cot­ta, ihm gelegentlich von seiner weiteren Ent­wick­lung zu be­rich­ten, schließt Goe­the mit der zar­ten Ein­schrän­kung, »in­so­fern ich noch einige Zeit auf der wun­der­li­chen Erd­ober­flä­che verweile«.

    Seine Identifizierung mit den aus dem Leben gerissenen und verschütteten Relikten hat sicherlich ein ver­steck­tes Tertium comparationis. Es ist das Schicksal seines Sohnes August, der noch bei der Freilegung dieser pom­pe­ja­ni­schen Villa im Oktober 1830 zugegen war und dem Goethe schon seit längerem seine pa­lä­on­to­lo­gi­-


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Alexandermosaik aus der ›Casa di Goethe‹ (›Casa del Fauno‹) in Pompeji
Unten die Goethe vorgelegte Abzeichnung von Wilhelm Zahn
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