MERLIN ODER DER ALTE GOETHE
DIE LETZTEN JAHRE (1823-32)
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So war denn
die Erziehung des Prinzen der erste wichtige Berührungsspunkt mit
Goethe, den Maria Pawlowna von Beginn an in Sorets
Erziehungspläne einweihte und um Rat fragte. Soret hat entsprechende
Diskussionen mit Goethe überliefert,
die sich von seiner pädagogischen Methode der dem
Lust-Unlust-Prinzip folgenden ›Bifurkation‹
über eine etwaige militärische Erziehung des Prinzen bis
hin zum Vergleich des öffentlichen Schulbesuchs
im Großherzogtum mit dem französischer Departements
erstrecken. Carl Alexander wird schon bald in
einigen Fächern zusammen mit dem gleichaltrigen
Walther unterrichtet und kommt zum Spielen in
Goethes Haus, wo sich Soret derweil mit Goethe
unterhalten kann. Ihr zweites Hauptthema ist die
Mineralogie, die Goethe besonders 1823/24 im
Zusammenhang mit seiner Böhmenreise beschäftigt; Soret
hilft bei der Bestimmung und Katalogisierung und
macht ihn mit der mathematisch orientierten
Kristallographie seines Pariser
Lehrers Hauy vertraut. Zu anderen Gebieten der
Naturforschung aber mochte er offenbar nicht viel beitragen: Vom
ersten Besuch an zeigt sich Soret befremdet oder belustigt durch
Goethes Apparaturen und
Versuchsanordnungen, notiert mißbilligend -
aber ohne Gegenargumente - seine Ausfälle
gegen die ›Vulkanisten‹, lehnt seine
Farbenlehre bis zuletzt ab und bezweifelt die von Goethe
behauptete epochale Bedeutung der
Spiraltendenz der Pflanzen. Nur widerwillig läßt er sich auf die
für ihn »metaphysische Sprache« Goethes
ein und sucht ihn gar von einem philosophischen Vorwort für die neue
Ausgabe der Metamorphose der
Pflanzen abzubringen. Seine Fassungslosigkeit
darüber, daß Goethe bei dem Stichwort »Aufruhr« am
2.8.1830 nicht an den soeben gemeldeten Ausbruch
der Pariser Julirevolution, sondern an den offen
ausgebrochenen naturwissenschaftlichen
Methodenstreit zwischen Cuvier und Geoffroy
de Saint-Hilaire denken kann, offenbart mehr von
seinem theoretischen als vom angeblichen
politischen Desinteresse Goethes.
Von solch theoretischen Gesprächen hält ihn sowohl
die Selbstbescheidung des exakten
Naturforschers (der Goethe lieber zu allerlei
statistischen Betrachtungen bewegen möchte)
als auch schlicht seine Unkenntnis der
kritisch-idealistischen Terminologie ab. So vermag er
1823 einem in deutscher Sprache geführten
Gespräch über Kants Philosophie nicht zu folgen
und ist noch 1830 konsterniert, als sich Goethe in
bestimmten Grundfragen als »Kantianer«
bezeichnet.
Soret
vertritt selber eine handfeste sozialphilosophische Position, den
Utilitarismus nämlich, den sein Großonkel Etienne Dumont
als ehemaliger Mitarbeiter Benthams in Genf propagierte und dem auch
jenes ›Bifurkations‹-Prinzip
verpflichtet war. In den Streitgesprächen, die beide über den
von Goethe als Narren apostrophierten Bentham und
über soziale Utopien wie den Saint-Simonismus
führen, greift Goethe am 20.10.1830 Benthams Maxime
des größtmöglichen Glücks der größten Zahl
frontal als Anschlag auf die Rechte des
Individuums und als Opportunismus
an. Auch muß sich Soret die eine oder andere radikalpolitische
Unterstellung gefallen lassen. Das
republikanische Selbstbewußtsein des Genfers ist dadurch
jedoch so wenig zu
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