Home
Impressum
RUTH FLEIGS GALERIE
Schulkinder malen
Bilderbuch Rob. Rabe
Kritzel-Kratzel
HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI Germanistisches
A DER ALTE GOETHE
Briefpartner
Briefkunst
Gesprächspartner
Goethes Tagebuch
Schatten des Todes
Ausg. letzter Hand
Weltliteratur
Geistig vereinsamt
Sekretieren
Erinnerungsschocks
Sich-historisch-Sein
›Warte nur, balde‹
Kollektivwesen Genie
Hypsistarier Goethe
B ZU THEODOR FONTANE
Herr von Ribbeck
Grete Minde
Ellernklipp
Unt. Birnbaum. Quitt
L'Adultera
Schach von Wuthenow
Gegenzeitigkeit
Zur Stechlin-Fontäne
C ZU »BONAVENTURA«
Literar. Identität
Mikrostilistik
Exlusionsphase
›Memnon‹-Nacht
Name und Maske
D ZU AUG. KLINGEMANN
Kandidatenreigen
Sprachstatistiken
K-s Artikel und ›Nw‹
Datierungstabelle
Arnims Nachtwache
Nacht bei Klingemann
Pseud. Bonaventura
Demiurg Shakespeare
Maske »Bonaventura«
»Parallelen«-Debakel
Mimetisches Genie
Prometheus Theater
Braunschweiger Vita
Vampirismus
Zwei Lieblingsorte
Collegium Medicum
Freigeist Lessing
Mentor Eschenburg
Alessandro-Kreuzgang
Postskripta 2011



GOETHES LETZTES JAHRZEHNT. GESPRÄCHSPARTNER

________________________________________________________________________________________ 


Bildquelle: ›Goethes Leben in Bilddokumenten‹, hg. v. Jörn Göres (München 1981), S. 142


Nun frei­lich un­ausgeglichen, oft in schwindelerregender Folge tagespolitische Ereignisse, literarische Neu­er­schei­nun­gen, lokale amtliche Verhältnisse und Skandale mit abgerissenen Äußerungen Goe­thes mischend, dann wie­der kon­zentriert und eindringlicher, wobei Müller vor allem aus Goethes früher Wei­ma­rer Zeit, zum Kreis um die Her­zogin Anna Amalia, zum Tiefurter Leben, zu Ilmenau und seiner Amts­tä­tig­keit oder zur Ent­ste­hung sei­ner Wer­ke so manches hervorzulocken versteht. Was denn doch eben­so wie die Ver­trau­ens­ak­te der letz­ten Jah­re - der Kanz­ler überbringt Goethe die Nachricht vom Tode sei­nes Freun­des Carl Au­gust wie sei­nes Soh­nes Au­gust und wird zuletzt zu seinem Testamentsvollstrecker er­nannt - ei­ne tie­fe­re Zu­nei­gung hin­ter den streit­lu­sti­gen Äu­ße­run­gen Goethes beweist. Auch bei Müller; wie sonst könn­te er - und wer sonst? - in der Un­ter­hal­tung vom 21.5.1829 wieder einmal einen Tadel Goe­thes über die »Im­pro­p­rie­tät« sei­ner Aus­drucks­wei­se kom­men­tar­los ein­ste­cken und gleich darauf no­tie­ren: »Mit Schmerz be­merk­te ich, wie sei­ne Au­gen im­mer mehr um­grau­en, die P­upil­le verknöchert«?

    Grundlage dieser von 1812-32 reichenden Unterhaltungen mit Goethe waren oft nur stichwortartige Ta­ge­buch­no­ti­zen, die Müller meist schon in den nächsten Tagen ausführte. Erst 1835/36, nach der Lektüre des Ma­nu­skripts von Ecker­manns Ge­sprächen mit Goethe, scheint er ernstlich an eine Veröffent­lichung ge­dacht zu ha­ben, über­ar­bei­te­te er­neut die schon ausgeführten Unterhaltungen und trug im März 1836 aus­ge­wähl­te Par­tien der Wei­ma­rer Hof­ge­sellschaft vor. Vorbe­halte der Großherzogin Maria Pawlowna bewogen den Kanz­ler je­doch zum Ver­zicht auf die Pub­likation seiner Un­terhaltungen (die erstmals 1870 in sehr un­zu­läng­li­cher Ge­stalt von dem Wei­ma­rer Ar­chiv­di­rek­tor C.A.H. Burkhardt ediert wurden).


Haben Müllers Gespräche ihren Höhepunkt in den Jahren 1823-27 und dann noch einmal 1830, so die
Con­ver­sa­tions avec Goe­the des Prinzenerziehers Frédéric Soret erst etwa ab 1828, als er Dispens zu re­gel­mä­ßi­gem Nach­mit­tags­be­such bei Goe­the erhielt und mit der Übersetzung für die geplante deutsch-fran­zö­si­sche Pa­ral­lel­aus­ga­be der Me­ta­mor­pho­se der Pflan­zen begann; besonders wichtig werden sie 1830/31 im Schat­ten der fran­zö­si­schen Ju­li­re­vo­lu­ti­on. Zwar zeich­ne­te er schon seit dem September 1822, Wo­chen nach sei­nem Ein­tref­fen in Wei­mar, die er­sten Gespräche auf und gehörte bald auch zum engeren Kreis um Goe­the, doch blieb ihr Um­gang lan­ge Zeit noch durch na­he­lie­gen­de praktische Interessen und Er­war­tun­gen be­stimmt. So­rets Lebenslauf war in­ter­es­sant ge­nug: 1795 am Petersburger Hof als Sohn eines aus Genf stam­men­den Email- und Mi­ni­a­tur­ma­lers ge­bo­ren, der mit seiner Familie 1800 wieder nach Genf zu­rück­kehr­te; Ab­bruch des the­o­lo­gi­schen Studiums 1819 nach kirch­li­chen Maß­nahmen gegen seine auf­müp­fi­ge Dis­ser­ta­ti­on über die Schöp­fungs­lehre, um in Paris Geo­lo­gie, Mi­neralogie und Physik zu studieren. Schon hat­te er sich 1822 durch ei­ne Rei­he von mi­ne­ralogischen Ab­hand­lun­gen ei­nen Namen gemacht, als er auch aus die­ser Lauf­bahn ge­wor­fen wur­de: Die Weimarer Erb­groß­her­zo­gin Ma­ria Pawlowna ließ in der Fa­milie von So­rets Mut­ter nach ei­nem Er­zie­her für den 4jäh­ri­gen Wei­ma­rer Erb­prin­zen Carl Ale­x­an­der su­chen, nur So­ret, Pa­ten­kind Maria Feodorownas, kam dafür in Frage und nahm schwe­ren Her­zens die 14 Jah­re dau­ern­de Auf­ga­be an.


- 11 -



Frédéric Jean Jacques Soret (1795-1865)
Porträt von F. Martersteig (um 1848)
ZurückWeiter
Top
http://www.fleig-fleig.de/