LITERARISCHER VAMPIRISMUS. KLINGEMANNS ›NACHTWACHEN. VON BONAVENTURA‹
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»Bonaventura«
hat das Bild von der Zwiebel vielfältig variiert und insbesondere
im »Formprinzip ... der Einschachtelung« die
Erfahrung dargestellt, daß die Wirklichkeit »Maske über Maske«
sei (so
Dorothee Sölle, die ebenfalls »das Geschehen
der ›Nachtwachen‹
als
Demaskierung« bestimmt – »das demaskierte
Geschehen, die entlarvte Gestalt trägt den
Namen ›Nichts‹«).113
Zu
den Varianten gehören außer so
expliziten wie
Hanswursts Spielleidenschaft, dem Menschen eine
Maske nach der andern bis auf den Schädel
herunterzuziehen,
auch minder aggressive oder verkappte
wie die hinter dem Vorhang hervortretende
Gestalt, hinter deren tiefen Schleiern Juan das tödliche
Rätsel seines Lebens ahnt; auch das windige
Individuum der 12. Nachtwache, wie es sich auf
den Kopf Lessings Perücke und darüber Goethes
Hut gesetzt hat, selbst das Trauerbild von der
»tausendfach geschichteten Lava
vergangener Geschlechter« (16.
Nachtwache) wird so, als Verdichtung von Jean
Pauls Metapher einer »aus tausendjähriger
Asche geründeten Kugel«,114
dem
Sinnbild der Zwiebel zu verdanken sein. Ein Bild,
das Klingemann Tag für Tag, als Knabe und noch bei
der Niederschrift der »Nachtwachen«
vor
Augen hatte (das vielfenstrige Haus am
Papenstieg wird er erst nach der Eheschließung
mit Sophie Rückling Oktober 1805 verlassen
haben; 1807 mußte er es ebenso wie Sophies Haus
in einem Konkurs verkaufen).115
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113
Dorothe
Sölle, Untersuchungen
zur Struktur der Nachtwachen von Bonaventura
(Göttingen
1959), S. 70f. und 22f.
114
Jean
Paul, Siebenkäs
(1796f.),
zit. nach: Sämtliche
Werke, Hist.-krit. Ausg. (Weimar
1927ff.), I. Abt., Bd. 6, S.183
115
Vgl.
H. Burath, a.a.O. (Fußnote 84), S. 84f. und 227. Die
Braunschweiger Adreßbücher
setzen
leider erst 1805 ein (Auskunft des Stadtarchivs).
Postskript
2014)
Die seit einigen Jahren angebotene Online-Version
dieser Adreßbücher
führt Klingemann für das Jahr 1805 noch nicht auf, erst
für 1807 findet sich dort der Eintrag: »Klingemann,
Ernst Aug. Friedrich Registrator«.
Seit 1810 wird er in den Braunschweigischen
Anzeigen
und seit 1813 in den Adreßbüchern mit dem Titel »Doctor der
Philosophie« geführt. Vgl. Ulrich Parenth, Wie
Goethes 'Faust'
auf die Bühne kam (Braunschweig
1986), S. 32
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