Verfasser
der »Nachtwachen«
eben nur andeutungsweise zum Vorschein kommen und erst über
spätere Schriften hinreichend plausibel werden kann.
Weshalb in der folgenden Darstellung das
stetige biographische Fortschreiten und -rucken permanent
durch Zeitsprünge durchbrochen werden soll.
Ein
Bild dafür finden wir bei Kreuzgang selber, der zu Beginn der 7.
Nachtwache die eigene (geistige) Physiognomie als Vexiergemälde aus
Grazie, Meerkatze und Teufel beschreibt. So
ist auch in der literarbiographischen
Betrachtung ein facettenreiches Porträt zu
erstellen,
wie es schon so verschiedenartigen
Kunstfiguren wie dem »Nachtwachen«-Erzähler
Achim von Arnims, dem »Liederlichen«
Hogarths, Jean Pauls Schoppe
sowie auch Klingemanns Memnon
abzugewinnen war
und wozu nun aus der frühen Braunschweiger Zeit des
Verfassers (literar-)historische
Gestalten wie der (Satiren) schreibende Opfermann
Hirsemann, Campes Robinson Crusoe, Cramers
Erasmus Schleicher und womöglich auch der
damals unter Klingemanns Augen umgehende
Stiftsnachtwächter Muncke einige Züge und
Rollenaspekte beisteuern.
Ernst
August Friedrich Klingemann wurde am 31. August 1777 in Braunschweig
geboren. Den
Familienamen als Identitätsbasis hat Klingemann wiederholt
literarisch behaupten müssen.
Die
geläufige Bedeutung des Namens wird Garlieb Merkel in
den antiromantischen »Ansichten
der Literatur und Kunst unsres Zeitalters«
(1803)
parodieren, wenn er ein Titelkupfer
kommentiert, das im
Nachtrab zu den prominenten Romantikern eine kleinere Gruppe mit den
Verlegern aus Penig, der Pfarrersgestalt
»Bonaventura« (Schelling) und unserem »Mann mit der
bloßen Klinge« zeigt.
Letzterer, von der Mutter mit einem schützenden
Fallhut versehen, stelle »mit ritterlichem Sinn/ Sich
zum ungleichen Kampfe« vor Merkel hin.85
Zu
diesem Bilddetail aufgestachelt wurde
Merkel wohl durch die steif-pompöse Formulierung,
mit der Klingemann in einem »Eleganten«-Aufsatz
vom 21.4.1803 (auf den Merkel hier auch anspielt) die
große literarische Fehde dieser
Jahre vorstellt; es solle nämlich »der Mann mit dem
Schwerdte für die Fahne kämpfen, nicht aber aus persönlicher
Rachgier den Dolch zükken«.86
Auf
diese vordergründige und leicht zu
verspottende Version seines Namens wird
Klingemann bis auf weiteres keinen Wert mehr legen, schon sein
anonymes Postskriptum vom 31.3.1804 zeigt
eine gewisse Selbstentwaffnung an:
Merkel sei keines ernsten Kampfes wert, statt eines scharfen
Schwerts wäre bei ihm schon eine Gerte hinlänglich.
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85 Garlieb Merkel, Ansichten der Literatur und Kunst unsres Zeitalters, a.a.O., S. 38f. 86 Klingemann in Zeitung für die elegante Welt (Leipzig 1803), Nr. 48 vom 21.4.
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