NAME, MASKE UND
IDENTITÄT
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Die
denkbar zufällige Provokation des bürgerlichen Eigennamens macht in
ihrer Brutalität früh empfindlich für die Anfälligkeit von
Sprache. Der Widerspruch zum erhabenen, sich als unvereinbar
mit dem Leben erweisenden Namen richtet sich selber
noch nach dem falschen Versprechen: Die Nachtwachen – so bildhaft die Hypothese – handeln vom
wesenlos werdenden Memnon. Wieweit das im Pseudonym
geteilte Verstummen des Autors unwiderruflich
ist, läßt sich einzig im Identifizieren erfahren,
nicht Klingemanns mit »Bonaventura«,
sondern des ungelösten Widerspruchs in beiden.
In »Bonaventura« hätte demnach der Verfasser die
bürgerliche Existenz aufgegeben und sie in
dem doppelbödigen Anklang ((via Schelling)) zu behaupten
versucht; soweit jedenfalls, als die unerhörte
Kunstfigur sich in die zeitgenössische des Nachtwächters
übersetzen läßt.
Die Frage nach der
Identität von »Bonaventura« stellt sich in der Erkenntnisabsicht,
sich für soziale Gewalt in der Verlautbarung zu schärfen.
Sprache, wie sehr auch Gegenwehr und Bedürfnis nach Integrität,
kommt so in Betracht einzig als korrumpierte.
Dies am intensivsten in den Äußerungen, die sich
ihrer unauffälligen, zeitkonformen Knebelung
bewußt geworden sind und, kritisch über sich
selber gebeugt, das Unmögliche von offen-kommunikativer
Sprache ins Werk setzen. Wie konkret, bestimmt sich
durch das Fortgeschrittene des offiziell
vorgesetzten Zeitbewußtseins selbst;
»realistische« Beobachtung von
Zeitwirklichkeit kann bei Fontane als
Erzählform sich im Werk selber eine Schicht
einrichten, die in kryptischer Erzählform
umstandlos zu radikalisieren ist;
zur Zeit der »Romantik« mit programmatischen
Entgrenzungen der Lebens- und Kunstbezirke mochte
solch Erzählen gerade in der Distanz zum
öffentlichen Leben Möglichkeiten lokalisieren, um das Getriebe
der Erscheinungen freizulegen. Diese
Erzählposition des Nachtwächters, zunächst unfreiwillig als
Zuflucht eines nirgends geduldeten
Kritikers, entlastet weitgehend vom
Druck der Verhaltensnormen; gerade soweit, um als
nicht-kontemplativer Augenzeuge
sich von den Reparaturversuchen der
Herrschenden aufwühlen zu lassen. Das gilt so
für den erzählten Ich-Erzähler Kreuzgang. Wenn »Bonaventuras«
Werk verständlicher werden soll über die
Identifizierung mit Klingemann, dann hat man sich
einzulassen auf einen Kunstanspruch, der gigantoman
auf Identität mit dem geschichtlichen Leben
drängt. In Gestalt des mythisch Wachenden sind Werk und
Leben im Anspruch in eins gesetzt worden. Doch
untersagt schon die Distanz im Pseudonym, die Nachtwachen
simpel als Schlüsselroman
zu lesen. Wieder hätte man allenfalls Parallelen; wenn sich
darin etwas aufeinanderzubewegen
soll,so nur im Aufweis der Abweichungen in beider Lebensgang,
und zwar provozierter. Also, daß Klingemanns Entwicklung bis 1804
drastisch Erfahrungen Kreuzgangs entspricht: bis zum
Subaltern-Amt eines Wächters (der an der Universität
Gescheiterte wurde Hilfsarbeiter bei seinem
Vater, einem Registrator) (die Behörde »war mit den
Medizinal- und Sanitätssachen, be-
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