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GOETHES LETZTES JAHRZEHNT. WARTE NUR, BALDE ...

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Quellen: www.wikidata.org/wiki/Q201526#/media/File:Battle_of_Issus_mosaic_-_Museo_Archeologico_Nazionale_-_Naples_BW.jpg

www.flickr.com/photos/hen-magonza/7364578678      


sukzessive zusammen. Bei Zahn bedankt er sich für die Zusendung des Grundrisses der pompejanischen, zu Ehren seines verstorbenen Sohnes so genannten ›Casa di Goethe‹ sowie für eine Zeichnung des unlängst dort freigelegten Alexandermosaiks. Seine Deutung des Mosaiks konzentriert sich auf den psychologischen Moment, der Darius' Niederlage besiegele, der sich zur Flucht wende, als er seinen Bruder von Alexanders Lanze durchbohrt sieht, »in dem Seinigsten überwunden«, »sich vor der unmittelbaren Gefahr weniger als über den Untergang seines Getreusten entsetzt« (ein solches Motiv gerade in der ›Casa di Goethe‹!). Intuitiv zieht er sogleich eine von Kunsthistorikern inzwischen bestätigte verborgene Verbindungslinie hin zu Raf­fa­els 'Konstantinsschlacht', eine Interpretation, die das Freigelegte zur Entdeckung verschollener anderer Zwi­schen­über­liefe­rungen einsetzt. Er beschließt seine Auslegung mit einem Hoffnungswort für künftige Aus­gra­bun­gen: »der echte Sinn wird bei sukzessiver Entdeckung echter Gegenstände gewiß erhalten und in echten Men­schen zur gelegnen Zeit fortleben und wieder aufleben«. So, unter diesem dreifachen Vorbehalt der Echtheit, könn­te Goethe es auch von seinem versiegelten 'Faust'-Manuskript gesagt haben (das er denn vermutlich doch noch illusionslos »von dem Dünenschutt der Stunden zunächst überschüttet« sah).

   Im Brief vom 11.3. an Zelter spricht er zum ersten Mal von der Vergleichbarkeit der pompejanischen Funde und der sich um ihn her lagernden Fossilien (in deren Zeitendunkel sich zu versenken einen wahnsinnig machen wür­de). Und zieht dann einen höchst emotionalen Vergleich im Schreiben an C.B. Cotta, einen Kandidaten an der Freiberger Bergakademie, der ihm Schriften und Zeichnungen zu versteinerten Bäumen zugesandt hatte: Die beglückten und doch immer auch schmerzlichen Empfindungen angesichts der ausgegrabenen antiken Ar­te­fak­te ähnelten den Empfindungen beim Anblick dessen, »was in der Urzeit allgemeinere unbegreifliche Na­tur­wirkungen in einer großen Weltbreite niedergeschlämmt, niedergedrückt und verschüttet, damit wir von ver­schwundenen Organismen genugsam erführen, welche in der Vornacht der Zeiten doch auch das Ta­ges­licht und seiner Wärme genossen, um kräftig und fröhlich zu leben und sich auf das gedrängteste zu ver­sammeln«. Wer hat je mit solch brüderlichem Mitgefühl von Fossilien und ihrer Opferung für die Erkenntnis ge­spro­chen? Seine Bitte an Cotta, ihm gelegentlich von seiner weiteren Entwicklung zu berichten, schließt Goethe mit der zarten Einschränkung, »insofern ich noch einige Zeit auf der wunderlichen Erdoberfläche verweile«.

    Seine Identifizierung mit den aus dem Leben gerissenen und verschütteten Relikten hat sicherlich ein ver­stecktes Tertium comparationis. Es ist das Schicksal seines Sohnes August, der noch bei der Freilegung dieser pom­pe­janischen Villa im Oktober 1830 zugegen war und dem Goethe schon seit längerem seine paläontologische Sammlung anvertraut hatte (als einzigen Eigenbeitrag enthält sie die mit dem 11jährigen 1801 gesammelten Pyrmonter Versteinerungen). So bot sich denn die ›Casa di Goethe‹ zur Verschwisterung der beiden ver­sun­ke­nen Lebenssphären an, als stilles privates Gedenken und zugleich öffentlich als Paradigma abgebrochener, unabgegoltener und deshalb bei ihrem Wiederauftauchen unschätzbarer Existenz.


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Das Alexandermosaik aus der ›Casa di Goethe‹/›Casa del Fauno‹ in Pompeji
Darunter die ›Konstantinsschlacht‹ von Raffael und Giulio Romano (um1520)
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