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Sloterdijk-Habermas
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Rück- und Ausblick
B ERINNERUNGSBILDUNG
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Wuchernde Phantasie
Seel. Raumpositionen
Sprache und Erinnern
Besuch als Korrektiv
Identitätsfragen
Steuernde Phantasie
Über das Vergessen
Biogr. Stimmigkeit
Proust. Doppelgänger
Selbsterweiterungen
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI GERMANISTICA
ZUR KONTROVERSE ZWISCHEN SLOTERDIJK UND HABERMAS
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Für die Wenigen, die sich noch in den Archiven umsehen, drängt sich die Ansicht auf, unser Leben sei die verworrene Antwort auf Fragen, von denen wir vergessen haben, wo sie gestellt wurden.”17 An eine solche Archivrecherche werde ich mich in den näch­sten Kapiteln machen.

  

Mehrmals rekurriert Sloterdijk auf den Menschen als das Gattungswesen, das in seiner fundamentalen Bedürftigkeit – er zitiert das angeblich von Herder stammende Schlagwort „Mängelwesen”auf die Optimierung seiner kulturellen Institutionen angewiesen sei und nun davor stehe, sich für oder gegen eine so nie gekannte (genetische) Selbsttransformation zu ent­schei­den. Diesen Begriff der menschlichen ‚Gattung’ stellt Jürgen Habermas, der die Tendenz in Sloterdijks Elmauer Vortrag als „ge­nu­in faschistisch” bezeichnet hatte, in seiner zwei Jahre später veröffentlichten Schrift Die Zukunft der menschlichen Natur(2001) in den Mittelpunkt seiner Überlegungen und bestimmt sie neu. Denn diese bei Sloterdijk vor allem die Ent­wick­lungs­of­fen­heit des Men­schen bezeichnende anthropologische Kategorie hat für Habermas primär normativen, verpflichtenden Rang, da sie das interkulturelle Selbstverständnis des Menschen ausmache.18 Er spricht geradezu von einer „Gattungsethik, die den Menschen dazu verpflich­te, „jene Wir-Perspektive einzunehmen, aus der wir uns gegenseitig als Mitglieder einer inklusiven Gemeinschaft ansehen, die keine Person ausschließt.”19 Am verbindlichsten für alle nur denkbaren Konflikte habe Kant diese Wir-Perspektive in seinem Kategorischen Imperativ formuliert, dem zufolge eine Person niemals als Mittel gebraucht werden dürfte. Zu einem Mittel aber für die Interessen und Vorlieben anderer würde man nach Habermas den betroffenen Menschen durch ein vorgeburtliches ge­ne­ti­sches Design machen. Der so Manipulierte hätte nie mehr die Chance, die Entscheidung des Dritten (in der Regel seiner El­tern) ergebnisoffen zu diskutieren und zu revidieren. Anders als bei dem schon von Sloterdijk erwähnten „Geburtenfatalismus” der Vergangenheit müsse sich der eugenisch Manipulierte instrumentalisiert vorkommen; was nicht nur jedesmal persönliche Res­sen­ti­ments gegenüber den Designern und ihren Präferenzen nach sich ziehen könnte, sondern darüber hinaus ein Anschlag auf un­ser Selbstverständnis als Gattungswesen wäre, einander nämlich als Gleiche und autonome Wesen anzuerkennen.

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17 a.a.O., S. 56

18 Habermas spricht von „intuitiven Selbstbeschreibungen, unter denen wir uns als Menschen identifizieren und von anderen Le­be­wesen unterscheiden – also das Selbstverständnis von uns als Gattungswesen. Es geht nicht um die Kultur, die überall anders ist, sondern um das Bild, das sich verschiedene Kulturen von ,dem’ Menschen machen – der überall – in anthropologischer All­ge­mein­heit – derselbe ist.” A.a.O. (Fußnote Nr. 7), S. 72.     19 a.a.O., S. 98


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