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HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
A ZUR ANTHROPOLOGIE
Sloterdijk-Habermas
Pico della Mirandola
Michel de Montaigne
J. G. Herder
Max Scheler
Helmuth Plessner
Rück- und Ausblick
B ERINNERUNGSBILDUNG
Schock der Rückkehr
Erinnerungsautomatik
Wuchernde Phantasie
Seel. Raumpositionen
Sprache und Erinnern
Besuch als Korrektiv
Identitätsfragen
Steuernde Phantasie
Über das Vergessen
Biogr. Stimmigkeit
Proust. Doppelgänger
Selbsterweiterungen
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI GERMANISTICA
 

 


PICO DELLA MIRANDOLA (1463-1494)

Quelle: www.phillwebb.net/History/MedRen/Pico/Pico.htm (Porträt von Cristofano dell’Altissimo)

 

 

2. Klassische humanistische Ansätze zu einer Selbstüberschreitung des Menschen


Die Thesen der im 20. Jahrhundert die philosophische Anthropologie weithin dominierenden Denker und Forscher wie Max Sche­ler, Helmuth Plessner, Adolf Portmann und Arnold Gehlen wurden in der Sloterdijk-Habermas-Debatte zwar immer wieder zitiert, aber in der Regel ging das nicht über einige Stichwörter oder Textzeilen hinaus. Erst recht nicht untersucht wurde die kultur- und gei­stes­geschichtliche Herkunft dieser in den 1920er bis 40er Jahren formulierten Konzepte von der umweltentbundenen „Weltoffenheit” des Menschen, des­sen „Geist” ihn zum „ewigen Protestanten gegen alle Wirklichkeit” macht (Scheler), von diesem „Leistungswesen” und seiner nur gebrochene Lebensverhältnisse zulassenden „Exzentrizität” (Plessner), von seinem Status als „sekundärer Nestflüchter” mit „ex­tra­ute­ri­nem Frühjahr” (Portmann), seiner „Instinktreduktion”, „Plastizität” und Angewiesenheit auf „Entlastung” durch kulturelle Institutionen (Gehlen). Der in den nachfolgenden Kapiteln gegebene Rückblick in die gut 500jährige Problemge­schich­te wird eine weithin verborgene Konsequenz in der Suche nach Grund und Ausmaß der Weltoffenheit des Menschen zu erkennen ge­ben. Denn offenbar war diese Entwicklung untrennbar mit der ganz anderen des zunehmenden Glaubensverlustes an metaphysische Absicherungen ver­quickt und wurde speziell vom zunehmenden Zweifel an der Existenzberechtigung eines Schöpfergottes vorangetrie­ben.

 

Der Renaissancephilosoph Pico della Mirandola gilt als der erste, der in der Neuzeit den Menschen als das sich selber gestaltende We­sen definiert hat. Zu Beginn seiner Oratio, die er 1486/87 als Eröffnungsrede eines von ihm geplanten europäischen Ge­lehr­ten­kon­gres­ses schrieb, trägt der 23jährige Graf von Concordia seine hochgemuten Gedanken unter dem – postum von seinen Her­aus­ge­bern formulierten – Titel De hominis dignitate (Über die Würde des Menschen) vor. An zentraler Stelle lässt er hier den „höch­sten Vater und Schöpfergott” seinen ersten Menschen wie folgt ansprechen:

Keinen bestimmten Platz habe ich dir zugewiesen, auch keine bestimmte äußere Erscheinung <’propriam faciem’> und auch nicht irgendeine besondere Gabe habe ich dir verliehen, Adam, damit du den Platz, das Aussehen und alle die Gaben, die

 

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