Home
Impressum
RUTH FLEIGS GALERIE
SCHULKINDER MALEN
Bilderbuch Rob. Rabe
Kritzel-Kratzel
HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
A ZUR ANTHROPOLOGIE
Sloterdijk-Habermas
Pico della Mirandola
Michel de Montaigne
J. G. Herder
Max Scheler
Helmuth Plessner
Rück- und Ausblick
B ERINNERUNGSBILDUNG
Schock der Rückkehr
Erinnerungsautomatik
Wuchernde Phantasie
Seel. Raumpositionen
Sprache und Erinnern
Besuch als Korrektiv
Identitätsfragen
Steuernde Phantasie
Über das Vergessen
Biogr. Stimmigkeit
Proust. Doppelgänger
Selbsterweiterungen
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI GERMANISTICA
ZUR KONTROVERSE ZWISCHEN SLOTERDIJK UND HABERMAS
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

 

verkannt, dass es nicht der Mensch sei, sondern das Sein, das die entscheidenden „Briefe”13 (so Sloterdijk) zusende; und dass der Mensch nur als Hüter oder Hirte des Seins seine wesentliche Bestimmung erfülle.

   Sloterdijk setzt hier neu an, erwähnt die von der Philosophischen Anthropologie seit Herder diskutierten – und von Heidegger ignorierten – „gat­tungs­geschichtlichen Wurzeln” des Menschen, seinen frühgeburtlichen Charakter und seine „chronische animalische Unreife”, die ihn zum Sess­haft­werden und Häuserbauen nötige; und geht so auf Nietzsche über, dessen Zarathustra im Häuserbau der Gegenwärtigen nur noch niedrige Seelen erkenne, gezähmte oder „verhaustierte”, die von den „Kleinzüchtern” der Priester und Lehrer zu einer schmerzfreien und tugendhaft-glück­li­chen Existenz erzogen wurden und denen man in Zukunft „Großzüchter” entgegensetzen müsse.14

  In Formulierungen wie der von der „alltäglichen Bestialisierung der Menschen in den Medien enthemmender Unterhaltung”15 lässt Sloterdijk keinen Zweifel daran, dass für ihn der Mensch wie schon im alten Rom immer noch und immer neu der „Zähmung” bedarf, die er im übrigen, trotz aller faktischen Verschränkungen, wiederholt von der „Züchtung” abgrenzt. Im Zusammenhang mit den züchtungspolitischen Überlegungen in Pla­tos Dialogen Politikos und Politeia kommt er auf unsere Zukunft als Gattungswesen zu sprechen:

        

Menschen sind selbsthegende, selbsthütende Wesen, die - wo auch immer sie leben – einen Parkraum um sich erzeugen.” In der Zukunft werde es „wohl darauf ankommen, das Spiel aktiv aufzugreifen und einen Codex der Anthropotechniken zu formulieren ... Ob aber die langfristige Entwicklung auch zu einer genetischen Reform der Gattungseigenschaften führen wird – ob eine künftige Anthropotechnologie bis zu einer expliziten Merkmalsplanung vordringt; ob die Menschheit gattungsweit eine Umstellung vom Geburtenfatalismus zur op­tio­na­len Geburt und zur pränatalen Selektion wird vollziehen können – dies sind Fragen, in denen sich, wie auch immer verschwommen und nicht geheuer, der evolutionäre Horizont vor uns zu lichten beginnt.”16

 

Mit diesen auf Plato und Heidegger anspielenden Formulierungen, durch die sich so mancher skandalisiert fühlen mochte, schloss Sloterdijk freilich nicht, sondern kam auf seinen humanistischen Ausgangsgedanken mit der Bemerkung zurück, dass die maßgeblichen Bücher der Vergangenheit weit­hin in den Archiven der Menschheit versunken seien und dass wohl „Archivare und Archivisten die Nachfolge der Humanisten angetreten haben.

-------------------------------------------------------------------------------

13 a.a.O., S. 29   14 a.a.O., S. 37-40     15 a.a.O., S. 16     16 a.a.O., S. 48 und 45-47

- 5 -
ZurückWeiter
Top
http://www.fleig-fleig.de/