Sa. 23.8.2003:
Wir
nutzen heute wieder den Mietwagen und fahren von Monreale auf zuletzt
verschlungenen Wegstrecken zur Sommerresidenz
der Normannenkönige ,La Zisa’
(arabisch ,Die Glanzvolle’), die
um
1164 bis 1180 unter Wilhelm I. und Wilhelm II. aus dem Hause
Hauteville erbaut wurde.
Der
dreigeschossige Kubusbau ist nur anderthalb Kilometer von dem nur
wenige Jahre zuvor fertiggestellten Normannenpalast
entfernt und liegt nicht einmal näher zum Meer hin, wurde
allerdings für die Hitzemonate mit
architektonischer Raffinesse eingerichtet. Ein großes den
Meereswinden zugekehrtes
Wasserbecken trägt die so befeuchtete Luft zum Palast
hinüber, dessen Schmalseiten hervorspringende
Luftschächte aufweisen. Überdies haben die
arabischen Architekten das Gebäude mit einer
komplexen Bewässerungs- und Luftbefeuchtungsanlage
ausgestattet. Die sechs Gemächer pflegte man außerdem je
nach Sonnenstand zu wechseln oder sich durch
Fenstergitter (Maschrabiyyas) gegen Sonneneinstrahlung zu schützen.
Im
Zentrum der Anlage befindet sich der große zweistöckige
Audienz- und Festsaal (alias ,Sala della Fontana’).
Hinter seiner Stirnwand verbarg sich ein Brunnen, dessen Wasser zur
Raumkühlung über die abgeschrägte Marmorwand
in zwei Becken hinunterrann und weiter zu den Gartenanlagen mit einem
Fischteich geleitet wurde. Auch soll man
die Wasserkanäle dazu genutzt haben, diverse Güter wie
etwa Weinflaschen innerhalb des Palastes
weiterzubefördern. – Bei unserem Besuch
werden soeben einige Abschnitte des Kanalsystems restauriert.
Der
Palast lag einst in einem großen Wald- und Jagdgebiet, von dem sich
nur noch die ihn umgebende Parkanlage erhalten hat. Auch vom
architektonischen Schmuck und der Ausstattung ist vieles
verlorengegangen, insbesondere ein Großteil der
Fresken und des Muqarna-Dekors
sowie ein
kufischer Schriftfries, der in späterer Zeit zugunsten einer
Bewehrung mit Zinnen abgetragen wurde. Freilich sind die in den
1970er Jahren aufgenommenen Restaurationen noch
nicht abgeschlossen. Vielleicht lässt sich sogar die ,Sala della
Fontana’ mithilfe einer künstlichen Quelle neu beleben.
Die Goldgrundmosaike über der Wassertreppe mit
den Jagdszenen und unter Palmen weilenden Pfauen
ähneln übrigens frappierend denen, die wir gestern im ,Saal
Rogers II.’
des
Normannenpalastes sahen. Wie diese Mosaike
in der byzantinischen Kunsttradition stehen, so beziehen sich die
korinthischen Marmorsäulen neben der Wassertreppe
sowie ein Freskenmedaillon mit dem olympischen
Götterkreis auf die Antike und jenes verschwundene
kufische Schriftband auf die islamische Kalligraphie.
Das
2. Stockwerk besaß ursprünglich ein offenes Atrium mit
Regenwasserbecken und war mit den Privatgemächern verbunden. In
verschiedenen Räumen des Palastes hat man jüngst Palermos Museum
für Islamische Kunst eingerichtet. Unter den bis ins 12. Jh.
reichenden Exponaten stellt es unter anderem holzgeschnitzte
Paravents (,Musciarabia’) und die Marmorgrabtafel
aus, deren griechisches Kreuz von Inschriften in hebräischer,
byzantinisch-griechischer, lateinischer
und arabischer Schrift umfasst wird und so auch den geistigen
Horizont der Normannen- und Stauferherrscher
andeuten mag.
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