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Links: Rundgang durch Leipzig am Ankunftstage. - Rechts daneben das Goethe-Standbild vor der Alten Börse
und außen das Universitätshochhaus nebst Hauptgebäude mit dem Bronzerelief „Aufbruch“ (Foto von 1975)

Bildquellen: Google Maps   https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/86/Goethedenkmal_Leipzig.jpg/800px-Goethedenkmal_Leipzig.jpg   https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/98/Bundesarchiv_Bild­_183-­P0307-­001%2C_Leipzig%2C_Universit%C3%A4tshochhaus.jpg

 

Nach der Wende: 3-Tage-Besuch in Leipzig und Umgebung (Okt. 1995)


Sa. 21.10.95) Trotz vieler Baustellen auf der Autobahn sind wir in gut 4 1/2 Stunden in Leipzig. Das gebuchte kleine Hotel am Hauptbahnhof hieß bis vor kurzem „Corum“ und wird nun in An­passung an westliches Geschmacksempfinden als „Holiday Inn“ geführt. Trotz einer jüngeren Renovierung zeigt es einige Mängel, vor allem zieht es durch die Ritzen der nicht doppelt isolier­ten Fenster. In der ersten Nacht werden wir wiederholt durch die vorbeischrammende Straßenbahnen geweckt und einmal durch grell zuckendes Licht: Gegen Mitternacht bessern einige Ar­beiter mit einem Schleifgerät die Gleise nach; einer hockt koboldgleich auf dem Gerät und zieht eine kometengleiche Funkenspur hinter sich.

   Unseren Citroën XM lassen wir im abschließbaren Innenhof und gehen am frühen Nachmittag ins Stadtzentrum. Am Naschmarkt stehen wir einigermaßen entgeistert vor dem 1903 einge­weihten Goethe-Standbild, das nicht den 16- bis 19-jährigen Leipziger Studenten Goethe zeigt, sondern eher einen Mittzwanziger bis -dreißiger, für dessen Körperhaltung ein Turnlehrer Pate stand. Wäre dies nicht für den Bildhauer Carl Seffner eine treffliche Herausforderung gewesen, von den früheren und späteren Goethe-Porträts her die Physiognomie des Leipziger Studen­ten zu interpolieren?

   Auerbachs Keller“, in dem wir gern zu Abend gegessen hätten, ist wegen Renovierungsarbeiten bis zum Februar ‘96 geschlossen, und auch die Thomaskirche mit Bachs Grab können wir wegen eines Gottesdienstes nicht betreten. So besuchen wir im gegenüberliegenden Bosehaus das Bach-Museum, das Handschriften, Instrumente und historische Kupferstiche ausstellt. Und gehen weiter südlich bis zum Neuen Rathaus“; es liegt am Ort der um 1900 abgerissenen Pleißenburg, in der Goethe bei A. F. Oeser die Zeichenakademie besuchte. Von diesem Rat­haus ist zur Zeit nicht viel zu sehen, da man es mit Planen verhängt hat; in dem angrenzenden palaisartigen Gebäude hat sich schon die Deutsche Bank mit frisch eingemeißeltem und ver­goldeten Namenszug eingerichtet.

   Wir gehen weiter zum Gebäudekomplex der Universität Leipzig. Das riesige Uni-Hochhaus aus dem Jahre 1974 war als aufgeschlagenes Buch konzipiert und macht inzwischen einen ziemlich fadenscheinigen Eindruck. Das Café im obersten Stockwerk mit dem vielgerühmten Blick über die Stadt ist nach Auskunft des Pförtners seit langem geschlossen. Wie er mir dann erklärt, bemühe er sich selber um Immobiliengesellschaften, die das Café wiederbeleben könnten! Das vor dem benachbarten Hauptgebäude der Uni angebrachte Bronzerelief „Aufbruch“ mit der Kopfbüste von Karl Marx kommt mir bei weitem nicht so monströs vor, wie ich es in Erinnerung hatte. <P.S.: Das Relief wurde 2006 abmontiert und zwei Jahre später mit einer erläutern­den Tafel auf dem Kilometer entfernten Uni-Campus Jahnallee wieder aufgestellt. Und das damals geschlossene Panorama-Café“ konnte nach einer lang dauernden Sanierung im Jahre 2002 wiedereröffnet werden.>

   Vor dem gegenüberliegenden Gewandhaus fragt uns eine Dame verzweifelt, ob wir nicht zwei Karten kostenlos für einen Konzertbesuch nutzen wollten, da ihre eigene Reisegruppe nicht mehr daran interessiert wäre. Wir bedauern, haben unseren Rundgang durch die Innenstadt noch nicht abgeschlossen.

   Wegen einer Renovierung (mit neuer Fußbodenheizung) ist auch die Nikolaikirche bis Ende Februar ‘96 geschlossen. Und ebenso renoviert werden das älteste Kaffeehaus Deutschlands, das Haus zum Arabischen Coffe Baumaus dem 16. Jh. sowie das danebenliegende Handelshaus Barthels Hof. In der Nähe befinden sich noch ähnliche kleinere Häuser mit ineinander geschachtelten und durch Passagen verbundenen Hinterhöfen, durch die einst die “Weißen Elefanten“ (Planwagen) ohne wenden zu müssen, zu ihren Standorten während der Leipziger Mes­se zogen.

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