Wir
verlassen den Garibaldi-Park und treten wegen der Tageshitze schon
bald in den Innenhof eines Hotels ein, um uns am Pool bei Getränk
und Eis zu erfrischen. Wenig später erreichen wir
unser letztes Tagesziel, den
Botanische Garten von Palermo
mit der angrenzenden kleineren Parkanlage
Villa Giulia.
In diesem kleinen üppig bepflanzten Park schien für Goethe
seine noch vage morphologische Idee einer ,Urpflanze’
konkreter Gestalt anzunehmen; er schrieb in seiner ,Italienischen
Reise’
unter dem 17.
April 1787:
„Im Angesicht so vielerlei
neuen und erneuten Gebildes fiel mir die alte Grille wieder ein, ob
ich nicht unter dieser Schar die Urpflanze entdecken könnte. Eine
solche
muß es denn doch geben!
Woran würde ich sonst erkennen, daß dieses oder jenes Gebilde eine
Pflanze sei, wenn sie nicht alle nach einem Muster gebildet wären?”
Goethe
bezeichnete diesen „wunderbarsten Ort von der Welt” immer nur als
„den öffentlichen Garten” Palermos, denn seinen Namen ,Villa
Giulia’ – nach der Gemahlin des damaligen Vizekönigs –
erhielt er erst 1788 bei seiner offiziellen Eröffnung. Der
streng geometrische Umriss des Parks ist noch unverändert, doch hat
man ihn wiederholt gründlich umgestaltet, auch während unseres
Besuchs ist er wegen Renovierungsarbeiten
nur partiell zugänglich. Seinerzeit soll er noch viele exotische
Pflanzen gezeigt haben, während gegenwärtig mediterrane Gewächse
wie Pinie, Papyrus, Akazie und Ficus vorherrschen. Auch
laden die breiten und langen Wege eher zum Spazierengehen
als zu einem Pflanzenstudium ein, und die gegen Ende des 19. Jh.
hinzugebauten vier Exedren dienen musikalischen
Aufführungen.
Der
durch ein Portal mit der ,Villa Giulia’ verbundene jüngere
Botanische Garten
wurde erst 1795 eröffnet und ebenfalls mehrmals gründlich
umgestaltet, insbesondere im späten 19. Jahrhundert, als man
massenhaft exotische Pflanzen vor allem aus Südamerika und
der Karibik hierhin verschiffte. Darunter dieser für unsereins so
wunderliche stachelbewehrte Flaschenbaum
Ceiba speciosa aus
der Familie der Malvengewächse. Der
Baum war unter anderem den Maya und Azteken heilig.
Hernán Cortés alias ,Cortez the Killer’ ließ in seiner Goldgier den
letzten Aztekenherrscher Cuauhtémoc nach katholischer Inquisitionsmanier foltern und ausgerechnet am Ast einer Ceiba erhängen.
Der
Garten wurde primär für botanische Studien an der späteren
Universität Palermo eingerichtet. Den ältesten Bereich legte man
nach der binären Taxonomie des von Goethe hochgeschätzten
Carl von Linné an und einen anderen Bereich Anfang des 20. Jh. nach
dem Klassifikationssystem von Adolf Engler. Wie vorhin im Giardino
Garibaldi können wir auch hier das irre Wurzel- und Astwerk
eines anderen, schon 1840 gepflanzten Ficus macrophylla
bestaunen.
Nun doch ziemlich
ermattet, suchen wir einen nahgelegenen kleinen Busbahnhof auf und
warten in gleißender Nachmittagssonne auf den
Pullman-Bus, um nach Monreale zurückzukehren.
Dem Fahrer versuche ich zu erklären, dass wir
ungefähr zwei Kilometer vor dem Dom für unser Hotel
,Baglio Conca d’Oro’ aussteigen müssten und bitte
um einen entsprechenden Hinweis. Ja, ja, er werde sich schon
rechtzeitig melden. Als er dann doch den Weg hoch zum Dom
eingeschlagen hat und ich lautstark reklamiere,
entschuldigt er sich mit einem Missverständnis.
Und geleitet uns sogar noch zu einem Taxistand, um
dort telefonisch einen Fahrer zu bestellen.