Quellen: www.infomeduse.ch/2018/10/14/pixels-894/ (Foto von J.-Ph. Chenaux?) www.spedionvillas.gr/images/2018/03/07/NISAKI-teliko.jpg https://peloponnes.insel-leben.de/gythio/
statt der üblichen Leitern, die man notfalls nacheinander hochzog, verfügt er über eine gemauerte Innentreppe. – In dem heutigen Museumsdorf „Mourtzinos” hat man wie auch anderwärts in der Region inzwischen den einen oder anderen Wohnturm zu einem Hotel umgebaut. Unter den Osmanen emigrierten viele Bewohner der Máni und verbreiteten – besonders auf Korsika – die maniotische Tradition der über Generationen hin ausgetragenen Familienfehden mit ihrem Horror der Blutrache. Wollte der befehdete Clan den Ort nicht verlassen, hatte man seine männliche Linie nach Möglichkeit auszurotten oder kampfunfähig zu machen. So konnten diese Fehden sich über Jahrzehnte hinziehen und forderten mitunter hunderte Opfer; freilich gelang es nicht selten Unterhändlern, dem Wahnsinn ein Ende zu setzen. Frauen und Kinder durften ihre Angehörigen mit Lebensmitteln und sogar Munition versorgen; außerdem war es üblich, für Begräbnisse sowie Saat- und Erntearbeiten Feuerpausen oder „Auszeiten” („Treva”) zu vereinbaren. Die militärisch-politisch bedeutendste Treva wurde 1821 ausgerufen, als alle Clans sich an der Vertreibung der Osmanen beteiligten.
Als König Otto 1833 den Abriss der Wohntürme befahl und zur Durchsetzung ein bayrisches Regiment in die Region entsandte, wurden die Soldaten von den Manioten entwaffnet, ihrer hübschen hellblauen Uniformen entkleidet und in diesem Zustand zurückgeschickt.
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Wenige Kilometer nach Kardamili kommen wir an der Ortschaft Stoúpa vorbei, in deren Nähe der kretische Schriftsteller Nikos Kazantzakis 1916/17 zusammen mit seinem Freund und Vorarbeiter Georgias Sorbas eine Braunkohlemine betrieb. Zwar missglückte die Förderung wegen eines Einbruchs der Stollen, Kazantzakis aber blieb wegen dieser für kriegswichtig gehaltenen Unternehmung vom Militärdienst befreit und hielt 1946 die wunderlichen Geschehnisse – autobiographisch gefärbt – in seinem Roman Alexis Sorbas fest. Bekanntlich verlegte Kazantzakis den Schauplatz ins heimische Kreta, dessen Fischerdorf Stávros denn auch für die Szenerie des Bergwerks und Strandes in dem Film Alexis Sorbas (1964) gewählt wurde.
Kurz vor Areópoli, an der Grenze zwischen oberer und unterer Máni, schlagen wir den Weg vom Messenischen Golf quer hinüber nach Gýthio am Lakonischen Golf ein. Die Nebenstraße ist auf den ersten Kilometern so unscheinbar, dass wir uns zunächst auf einem besseren Feldweg wähnen. Später jedoch zeichnen sich dann und wann zu unserer Linken die fernen Gipfel des Taýgetos ab.
Gýthio diente Sparta seit Beginn des 5. Jh. v. Chr. als (Kriegs-)Hafen und war im Laufe der Jahrhunderte mehrmals hart umkämpft; zweimal konnte die Spartaner ihre Hafenstadt zurückerobern. Bei Homer verbrachte Paris auf dem Gýthio vorgelagerten Inselchen Kranaë alias Marathonisi mit der aus Sparta entführten Helena die erste Nacht („auf Kranaens Au ... in Lieb' und Umarmung”, Ilias III, 445 nach J. H. Voß). Auf der mit Pinien bewaldeten Insel errichteten die Osmanen im 18. Jh. für ihren Gouverneur einen Festungsturm, den die Manioten unter Tzanetakis Grigorakis während des griechischen Befreiungskampfes eroberten und später als die Wohnfestung „Tzanetakis-Turm” nutzten. Die Insel wurde erst um 1900 durch einen Damm mit der Stadt verbunden.
Einige der klassizistischen Gebäude Gýthios stammen von dem deutsch-griechischen Architekten und Archäologen Ernst Ziller, der in der 2. Hälfte des 19. Jh. vor allem das Stadtbild von Athen prägte. – Wir essen im Strandbereich bei einer Hafentaverne zu Mittag; neben uns nimmt ein etwas abgerissener Maniote den einen oder anderen Ouzo zu sich und zerkaut unentwegt Polypenärmchen. Die zum Trocknen aufgehängten Oktopusse sind ein beliebtes Fotomotiv der Stadt.
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