Quellen: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/60/View_from_Padr%C3%A3o_dos_Descobrimentos_-_Mosteiro_dos_Jer%C3%B3nimos_-_Jul_2008.jpg http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/977674
http://liveportugal.pt/wp-content/uploads/2014/07/Jer%C3%B3nimos-2.jpg https://viajepordois.wordpress.com/2013/12/17/lisboa-e-os-descobrimentos-o-bairro-de-belem/
In der großen Tageshitze bewegen wir uns von nun an nach Möglichkeit nur an der Schattenseite der Straßen. Nicht weit vom Festungsturm und gegenüber dem Seefahrerdenkmal erstreckt sich über 300 Meter hin das Hieronymitenkloster (Mosteiro dos Jerónimos), das wie jene Bauwerke aus weißem Kalkstein errichtet wurde. Manuel I. finanzierte es nach Vasco da Gamas Entdeckung des Seewegs nach Indien durch eine 5-prozentige Steuer auf die Erträge aus den asiatischen und afrikanischen Kolonien. Der ursprüngliche Bauplan sah sogar eine viermal größere Anlage mit vier Klöstern vor. Der schließlich realisierte Klosterkomplex besteht aus der Kirche Santa Maria, dem dahinterliegenden Kreuzgang und dem westlich sich anschließenden arkadengeschmückten Dormitorium, das nach der Säkularisierung von 1834 als Waisenhaus für 800 Kinder diente und heute einige Museen beherbergt.
Gleich hinter dem Eingangsportal der Klosterkirche Santa Maria erblicken wir unter der Empore die Grabstätte für Vasco da Gama und das Kenotaph für seinen poetischen Bewunderer Luís de Camões. Der Sarkophag von Manuel I. hat wie der anderer Mitglieder der Königsfamilie an den Seitenwänden des entfernt gegenüberliegenden Chorraums seinen Platz erhalten. Berückend das Fächergewölbe der Kirche, zu dem schlanke mit manuelinischen Pflanzen- und Muschelornamenten verzierte Säulen emporführen; so mancher Besucher dürfte sich hier wie unter einem Baldachin oder Palmenschirm vorkommen.
Durch einen grottenartigen Vorbau treten wir schließlich in den zweigeschossigen Kreuzgang des Klosters ein. In Atmosphäre und architektonischen Finesse gilt er zu Recht als einer der schönsten weltweit. Wie üblich quadratisch angelegt, wirkt er mit seinen ungewöhnlich ausladenden und stark abgerundeten Eckbögen einladend auf den Betrachter. Das angrenzende Refektorium weist einen sehenswerten Azulejosockel mit biblischen Szenen auf.
Im Erdgeschoss des Kreuzgangs stehen wir eine Zeitlang vor dem Grabdenkmal des Dichters Fernando Pessoa, dessen letzte Wirkungsstätte wir gestern aufsuchten. Anlässlich seines 50. Todestages wurde er 1985 vom Cemitério dos Prazeres hierhin umgebettet. An der Vorderseite und an beiden Seiten seiner Grabstele sind Textzeilen seiner bekanntesten Heteronyme eingelassen. In jedem dieser Zitate findet sich das illusionsfreie, auch allen (religiösen) Verheißungen entsagende „Nada”. So an der rechten Seite der Stele in den stoischen Versen von Álvaro de Campos (aus ‚Lisbon revisited', 1923; in der Übersetzung von Inés Koebel):
Nein, ich will nichts.
Ich sagte bereits, ich will nichts.
Kommt mir nur nicht mit Schlußfolgerungen!
Der einzige Schluß ist der Tod.