Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Thessaly_Plain.jpg
Da man von einem der Felsen in der Nähe des Klosters einen schönen Ausblick auf Kalambáka und den Peneiós haben soll, fahren wir nach einer Ruhepause im Hotel am späten Nachmittag noch einmal in die Felslandschaft gegenüber dem Nonnenkloster, picknicken hier und und schießen auch ein Selbstauslöser-Foto. Eine Zeitlang schauen wir einem kühnen Felskletterer zu und dann einem Paraglider, der neben uns zu einem etwa zehnminütigen Flug abgehoben hat. Beim Blick hinunter in den nahezu ausgetrockneten Peneiós beschließen wir, mit dem Auto so tief wie möglich in das breite Trockental hineinzufahren. In der Klassischen Walpurgisnacht sucht Goethes Faust am lieblichen unteren Peneiós nach Helena und hört dem raunenden Flussgott Peneiós zu, derweil Mephisto am hiesigen oberen Peneiós auf Greife, Sphinxe, Sirenen und zuletzt die abscheulichen Lamien trifft.
Uns präsentiert sich jetzt der Peneiós als Müllkippenlandschaft. Wir wollen es nicht wahrhaben und laufen immer tiefer in das Flussbett hinein, doch auch an dem einzigen Wasserloch (siehe Foto) sieht es so wüst wie überall dort aus. Den Namen des Flussgottes Peneiós trägt das Gewässer erst von der Stelle an, rund 9 Kilometer oberhalb von Kalambáka, wo seine beiden Quellflüsse aus dem Pindosgebirge zusammenkommen. Weiter südlich in Thessalien soll er im Sommer ganz austrocknen, weil man seine Fluten vor allem zur Bewässerung der Monokulturen Mais und Baumwolle abzweigt. Für die von der EU subventionierte Baumwolle wurden die nicht subventionierten thessalischen Mandelhaine gerodet. Wegen solcher fehlgeleiteten Anreize mussten für Griechenland überhaupt ehemals landestypische Produkte wie Feigen, Nüsse und sogar Zitronen importiert werden.
P. S. 2020: Durch die EU-Subventionierung der Baumwolle erzielten die Bauern beim Anbau das Mehrfache des internationalen Marktpreises; nach dem Wegfall der Subventionen und bei hinzutretender internationalen Konkurrenz wurde ihr Anbau zu einem Verlustgeschäft und wichen die Bauern unter anderem auf Oliven, Wein und auch wieder Tabak aus.
Wenige hundert Meter von dieser Stelle, an der mich Ruth fotografierte, erblicken wir an einer deutlich erhöhten Straße eine mit EU-Geldern errichtete neue Zentralstation für Wasserbau. – Sollte sich der Peneiós hier wieder in alter Pracht und Macht einfinden, dürfte er den wohl quadratkilometerbreit hingestreuten Müll in die Ägäis verfrachten! Womöglich just in jene „Felsbuchten des Ägäischen Meeres”, in der das große Ozeanische Abschlussfest dieses Faust-II-Aktes gefeiert wird. Eine ähnlich abstoßende Szenerie sollen wir in einigen Tagen am unteren Peneiós im Tempe-Tal vorfinden.
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