GOETHES LETZTES JAHRZEHNT. GESPRÄCHSPARTNER
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Bildquelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Peter_Eckermann
und
'Temps'
zeitlich mit der gerichtlichen Verfolgung des 'Globe' in Frankreich
einhergeht, und nur er sieht einen Zusammenhang zwischen Goethes
Herzkrämpfen im September 1830 und kleineren Unruhen in Jena und
Weimar. Wie er bei dieser Gelegenheit bemerkt, sei Goethe »liberal
in der Theorie; in der Praxis huldigt er entgegengesetzten
Anschauungen«. Er erlebt denn auch Widersprüche wie den, daß
Goethe die permanente geistige Rückständigkeit an
den eigentlich über alles informierten einflußreichen Fürstenhöfen
bedauert, sofort aber einen strengen Tadel ausspricht, als
auch Soret sich einmal abfällig über seine Erfahrungen mit dem
Weimarer Hof äußert.
Ein
frischer fremder Blick fällt so auf Goethe, diskret und dabei doch
so freimütig, daß
er auch den beachtlichen Alkoholkonsum oder Altersschwächen
wie die temporäre Schläfrigkeit
und Beeinträchtigungen des Kurzzeitgedächtnisses
registriert. Gewiß hat Goethe Sorets französisch geprägte Bildung
zu schätzen und zu nutzen gewußt, vor allem in den
literarischen Gesprächen über Montaigne oder Hugo, Balzac und
Béranger,
dessen
Chansons sie 1828 einander
vorlesen. Das spezifische Verdienst Sorets aber liegt weit mehr in
der höflich-ironischen Distanz, die er dank seiner
Herkunft auf politischem wie naturwissenschaftlichem Gebiet dem
verehrten Dichter gegenüber durchzuhalten vermag. Wo
Goethe sonst in Briefen und Gesprächen fast ohne Widerstand
über seine anonym bleibenden wissenschaftlichen Widersacher
herfallen kann, da findet
er in Soret den stummen Vorwurf leibhaft vor sich,
was ihn so zu irritieren vermag, daß er einmal rasch seine
Lehrmittel zur Farbenlehre wegpackt, als Soret ins
Zimmer tritt.
Seine
in französischer Sprache aufgezeichneten 'Conversations
avec Goethe'
beruhen auf verschollenen, nur in
Fragmenten erhaltenen Tagebüchern, die offenbar ausführlicher als
die des Kanzlers v. Müller waren; ausgearbeitet hat Soret sie oft
erst nach Jahren. Zu Beginn ihrer Bekanntschaft und gelegentlich noch
in späterer Zeit sprachen sie französisch (was Soret in
der Regel nicht eigens vermerkt). Mit Ausnahme der Partien,
die sich Eckermann für den dritten Teil seiner 'Gespräche
mit Goethe'
(1848) auswählen
durfte, wurden
Sorets Gespräche erst 1905 von Burkhardt in deutscher
Übersetzung veröffentlicht (wiederum sehr nachlässig). Die
Aufopferung seiner Aufzeichnungen zugunsten von
Eckermann konnte Soret wohl leicht verwinden, da er seinen Namen
durch die Parallelausgabe der 'Metamorphose
der Pflanzen'
längst mit Goethe verknüpft sah.
Zudem besaß er als Dokument der Zusammenarbeit und Gewogenheit
Goethes Billett vom 30. 9. 1830, das einige »zarte, vergilbte
Blätter« begleitete –
das Honorar für die Übersetzung
der 'Metamorphose',
das ihm so gewissermaßen als letzte Metamorphose des
Hauptorgans der Pflanze, des »Blatts«, zukam. Wie der
Republikaner Soret in seinem Dankeswort bemerkte,
betrachtete er dies Billett als seinen »Adelsbrief«.
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