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GOETHES LETZTES JAHRZEHNT. GESPRÄCHSPARTNER

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Bildquelle: ›Goethes Leben in Bilddokumenten‹, hg. v. Jörn Göres (München 1981), S. 142


Nun freilich unausgeglichen, oft in schwindelerregender Folge tagespolitische Ereignisse, literarische Neu­er­schei­nun­gen, lokale amtliche Verhältnisse und Skandale mit abgerissenen Äußerungen Goethes mischend, dann wieder kon­zen­triert und eindringlicher, wobei Müller vor allem aus Goethes früher Weimarer Zeit, zum Kreis um die Her­zo­gin Anna Amalia, zum Tiefurter Leben, zu Ilmenau und seiner Amtstätigkeit oder zur Entstehung seiner Werke so manches hervorzulocken versteht. Was denn doch ebenso wie die Vertrauensakte der letzten Jahre – der Kanzler überbringt Goethe die Nachricht vom Tode seines Freundes Carl Au­gust wie seines Sohnes August und wird zuletzt zu seinem Testamentsvollstrecker ernannt – eine tiefere Zuneigung hinter den streit­lus­ti­gen Äußerungen Goethes beweist. Auch bei Müller; wie sonst könnte er – und wer sonst? – in der Un­ter­hal­tung vom 21.5.1829 wieder einmal einen Tadel Goethes über die »Improprietät« seiner Ausdrucksweise kommentarlos einstecken und gleich darauf notieren: »Mit Schmerz bemerkte ich, wie seine Augen immer mehr umgrauen, die Pupille verknöchert«?

    Grundlage dieser von 1812-32 reichenden 'Unterhaltungen mit Goethe' waren oft nur stichwortartige Tagebuchnotizen, die Müller meist schon in den nächsten Tagen ausführte. Erst 1835/36, nach der Lektüre des Manuskripts von Eckermanns 'Gespräche mit Goethe', scheint er ernstlich an eine Veröffentlichung gedacht zu haben, über­ar­bei­tete erneut die schon ausgeführten Unterhaltungen und trug im März 1836 ausgewählte Partien der Wei­ma­rer Hofgesellschaft vor. Vorbehalte der Großherzogin Maria Pawlowna bewogen den Kanzler jedoch zum Verzicht auf die Publikation seiner 'Unterhaltungen' (die erstmals 1870 in sehr unzulänglicher Gestalt von dem Weimarer Archivdirektor C.A.H. Burkhardt ediert wurden).


Haben Müllers Gespräche ihren Höhepunkt in den Jahren 1823-27 und dann noch einmal 1830, so die 'Con­ver­sations avec Goethe' des Prinzenerziehers Frédéric Soret erst etwa ab 1828, als er Dispens zu regelmäßigem Nach­mit­tags­besuch bei Goethe erhielt und mit der Übersetzung für die geplante deutsch-französische Parallelausgabe der 'Metamorphose der Pflanzen' begann; besonders aufschlußreich werden sie 1830/31 im Schatten der französischen Julirevolution. Zwar zeichnete er schon seit dem September 1822, Wochen nach seinem Ein­tref­fen in Weimar, die ersten Gespräche auf und gehörte bald auch zum engeren Kreis um Goethe, doch blieb ihr Umgang lange Zeit noch durch naheliegende praktische Interessen und Erwartungen bestimmt. So­rets Lebenslauf war interessant genug: 1795 am Petersburger Hof als Sohn eines aus Genf stammenden Email- und Miniaturmalers geboren, der mit seiner Familie 1800 wieder nach Genf zurückkehrte; Abbruch des theologischen Studiums 1819 nach kirchlichen Maßnahmen gegen seine aufmüpfige Dissertation über die Schöp­fungs­lehre, um in Paris Geologie, Mineralogie und Physik zu studieren. Schon hatte er sich 1822 durch eine Reihe von mineralogischen Abhandlungen einen Namen gemacht, als er auch aus dieser Laufbahn geworfen wur­de: Die Weimarer Erbgroßherzogin Maria Pawlowna ließ in der Familie von Sorets Mutter nach einem Erzieher für den 4-jährigen Weimarer Erbprinzen Carl Alexander suchen, nur Soret, Patenkind Maria Feodorownas, kam dafür in Frage und nahm schweren Herzens die 14 Jahre dauernde Aufgabe an.


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Frédéric Jean Jacques Soret (1795-1865)
Porträt von F. Martersteig (um 1848)
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