Quellen für die oberen Photos: www.trailergypsies.com/Texas/Logs%20Limestone%20and%20Fachwerk.htm http://pioneermuseum.net/whiteoak-school.php
Nach
einer weiteren halben Fahrtstunde durch die karstige Hügellandschaft
des „Texas
Hill Country” erreichen
wir Fredericksburg,
das mit gut 8000 Einwohnern größte Städtchen der deutschstämmigen
Texaner. Auf den ersten Blick kann man es für ein Fake halten und
traut diesen pittoresken Biergärten, urdeutschen Gerichten auf
den aushängenden Speisekarten und einigen wunderlichen Gebäuden wie
der Replik einer „Vereinskirche” nicht über den Weg. Der Besuch
dreier Museen belehrt uns aber eines Besseren. Zunächst besichtigen
wir das „Pioneer
Museum”, einen Komplex
historischer Gebäude mit Wohnhaus, Einraum-Schule, Scheune,
öffentlichem Badehäuschen, Schmiede und Räucherhaus; hunderte,
nein tausende dazugehöriger Utensilien hat man darin aufbewahrt.
Auch ein schlichtes „Sonntagshaus” wurde hierhin versetzt,
das zuvor eine zehn Kilometer entfernt wohnende Siedlerfamilie zu
Anlässen wie Kirchgang oder Einkauf nutzte. Finanziert wird der
Museumskomplex vor allem durch Spenden und Folklorefeste.
Hinterher
unterhalten wir uns in deutscher Sprache mit den beiden freundlichen
Damen, die heute die Aufsicht über das Museum führen. Die eine Dame
erklärt bei unserer Verabschiedung, während dieses halbstündigen
Gesprächs iin der deutschen Sprache merklich sicherer geworden zu
sein; in ihrem Wortschatz täten sich allerdings immer größere
Lücken hervor. Sie sprach übrigens nicht das von uns erwartete
kauzige Deutsch, wie es noch in den Sprachinseln kleinerer Gemeinden
kursieren soll. Zu ihren Vorfahren gehört der von den schwäbischen
Fildern stammende Flugpionier Jacob Brodbeck, der in Texas schon 1865
eine Maschine mithilfe von Federspulen (nach dem Prinzip von
Uhrfedern) statt eines Motors in die Luft brachte und sie für kurze
Zeit fliegen und steuern konnte. Zu den Vorfahren ihrer jüngeren
Kollegin gehört Dr. Schubert, einer der Gründungsväter von
Fredericksburg und Direktor des dortigen „Adelsvereins”.
Beide Damen erklären sich bei der anstehenden US-Präsidentenwahl
entschieden für den Texaner George W. Bush. Was insofern nicht
überraschen kann, als das hiesige von Deutschtexanern dominierte
Gillespie County seit eh und je als Hochburg der Republikaner gilt.
Die
Damen gestatten mir das oben abgebildete Photo und mokieren sich noch
ein wenig über die „Freidenker” einer benachbarten deutschen
Gemeinde, deren Angehörige seinerzeit nur schlecht von ihrer Hände
Arbeit leben konnten, mittlerweile aber „gute Leute” geworden
wären. Sie nennen keinen Namen, ich aber muss sogleich an den vorhin
von uns besuchten Ort
Boerne denken.
Manch andere Siedlung wie die nach Bettina Brentano benannte
Ortschaft „BETTINA” fiel übrigens wegen mangelnder bäuerlicher
und handwerklicher Fähigkeiten schon Jahre nach ihrer Gründung
wieder auseinander. –
Ein Zusatzmotiv für die
Auswanderung dürfte gelegentlich die Verspottung des Familienamens
gewesen sein, jedenfalls fielen uns in Texas öfter als üblich
absonderliche Nachnamen wie Fleischfresser, Ungeheuer oder Kniepelmir
auf.
- 72 -