Quelle für das genordete linke Foto: Google Maps unter „Sparta” (Legende von mir, H.F.)
Am frühem Nachmittag gehen wir den sanften Hügel zur Akrópolis hinauf, die ungefähr zehn Fußminuten hinter dem Leonídas-Denkmal liegt. Das Grabungsgelände ist weithin überwachsen und gibt mit Ausnahme des Theaters nur verstreute Ruinenreste preis. Dieses von den Römern zu Beginn des 1. Jh. v. Chr. umgebaute hellenistische Amphitheater fasste bis zu 17.000 Zuschauer und verfügte nach Heinrich Bulle wie das Theater in Megalópolis über ein auf Steingleisen fahrbares Bühnenhaus (mit einer Skenothek zur Aufbewahrung). Die Spartaner veranstalteten in dem alten im 5. Jh. v. Chr. erbauten Theater vor allem öffentliche Feste und Zeremonien wie die jährlichen Gymnopaedien, bei denen die nackten Jugendlichen über Tage hin ihre Kampfkünste und Tänze präsentierten (das Fest selbst wurde wohl schon 668 v. Chr. nach der Niederlage gegen die Argiver eingeführt).
In der Kaiserzeit wurden Verkaufsgebäude für die Theaterbesucher angegliedert; Vespasian ließ der Cavea gegenüber noch eine riesige Schauwand mit Heroen- und Kaiserstatuen hinzusetzen, und zwei Jahrhunderte später nutzte man die Relikte des überflüssig gewordenen Bühnenhauses für den Neubau eines Nymphaeums. Schließlich, vom 10. Jh. an, demontierten die Byzantiner die Marmorsitze und Steinquader und fügten sie in ihre eigenen Gebäude ein.
Lange mustern wir, die einzigen Besucher weit und breit, die Szenerie. Die wenigen verbliebenen Zuschauerränge zu Seiten der 45 Meter breiten Orchestra lassen noch die antike Aura verspüren, doch bei dem überwiegend römischen Trümmerfeld jenseits der Bühne versagt unsere Vorstellungskraft, so zerstückelt und skelettiert wirkt das Ganze.
Derweil blicken wir immer wieder zu dem berüchtigten Taýgetosgebirge hinüber. Seit früher Schulzeit hat es bei mir durch die Kunde von der brutalen eugenischen Auslese einen Blut- und Verwesungsgeruch behalten. Der Ort mit dem euphemistischen Namen „Apothétai” („die Abgelegten”/„die Beseitigten”), an dem nach dem Urteil des Ältestenrats schwächliche oder körperliche Anomalien aufweisende Neugeborene ausgesetzt oder auch in die Schlucht geworfen wurden, dürfte in der Nähe des eine gute Fußstunde entfernten Mystras gelegen haben. – Dem Theater gegenüber lag nach Pausanías das Grabmal des Leonídas, dessen Gebeine Jahrzehnte nach der Schlacht bei den Thermopylen nach Sparta überführt wurden.
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