Externe Quellen: Ναός Σωτήρου Διός, Megalópolis, Griechenland https://travel.sygic.com/de/poi/megalopoli-city:366215 www.flickr.com/photos/dandiffendale/2554502070/in/photostream/
Von Karítenas Dorfzentrum fahren wir wieder den Schlängelweg zur Fernstraße zurück und biegen dann im rechten Winkel südwärts in Richtung Megalópolis ab. Es ist eine streckenweise sehr schmale Nebenstraße, die wieder einmal parallel zum Alpheios läuft. Als wir nach einer guten Viertelstunde einen offenbar künstlichen See passieren, zeichnen sich zur Rechten und bald auch zur Linken die Schlote, Wasserdampfschwaden und Kühltürme zweier Kraftwerke ab. Weiter südlich liegen noch nicht geflutete Flächen der Landschaft so verschandelt da, wie wir es von den Abbauflächen des deutschen Braunkohletagebaus her kennen. Wie zu lesen ist, wurden diese Wärmekraftwerke 1969 und 1990 bei Megalópolis erbaut und verstromen die im Tagebau gewonnene schwefelhaltige Braunkohle. Wesentliche Komponenten beider Dampfkraftwerke hat eine Heidelberger Kraftanlagen-Firma erstellt. Übrigens registrierte schon in den 1830er Jahren der diese Gegend durchreitende deutsche Archäologe Ludwig Ross einen seltsamen Schwefelgeruch und merkte an, dass der Name einer der Ortschaften übersetzt „Stanksattel” lautete.
Nach einer weiteren Viertelstunde erreichen wir Megalópolis, die um 370 v. Chr. durch Zusammenlegung von 40 Ortschaften und Heranziehung von Neusiedlern gegründete Hauptstadt des Arkadischen Bundes. Ermutigt wurden die Arkadier dazu durch die Erfolge des thebanischen Feldherrn Epaminondas gegen Sparta; Epaminondas selber hatte die Gründung dieser neuen Großstadt und die Neugründung von Messene als Gegengewicht zu Spartas Vorherrschaft auf der Peloponnes angeregt. Eine Zeit lang konnte Megalópolis die ständigen Angriffe Spartas abschlagen, bis es dessen König Kleomenos III. 222 v. Chr. gelang, die Stadt weitgehend zu zerstören. Schon im darauffolgenden Jahr wurde Sparta selber vom Arkadischen Bund und seinem mächtigen Verbündeten Makedonien ein für allemal vernichtend geschlagen. Megalópolis wurde wieder aufgebaut, wie es etwa die gestempelten Namen der Spender von Dachziegeln bezeugen. Die Große Stadt verlor jedoch immer mehr an Bedeutung und wurde 170 v. Chr. von den Römern erneut zerstört.
Ungefähr einen Kilometer vor der Stadtgrenze kommen wir an einem ausgedehnten Grabungsgelände vorbei, in dem an mehreren Stellen gearbeitet wird, auch jenseits der Straße. Wir stellen den Mietwagen ab und treten hinzu. Eines der im Gelände abgestellten Autos trägt Plaketten der Universitäten Gießen und Marburg. Unmittelbar neben der zwei Meter höherliegenden Straße dirigiert ein zünftig gekleideter Ausgräber einen Bulldozer, der Erdmassen in einen LKW schüttet und sie sicherlich zur genaueren Sondierung an einer entfernteren Stelle ablädt. Etwa hundert Meter weiter legen ungefähr 20 Arbeiter Gebäude und Wege frei. Über das Gelände hingestreut liegen viele Säulentrommeln und andere Gebäudefragmente. Sind dies etwa Notgrabungen angesichts der Tagesbauaktivitäten oder gar eines weiteren geplanten Kohlekraftwerks?
Postskriptum Mai 2019: Nein, es waren dies schon 1991 begonnene Freilegungsarbeiten der Agorá, die bis 2003 unter der Leitung des Marburger Archäologen Hans Lauter stattfanden (nach seinem frühen Tod veröffentlichte und kommentierte die Archäologin Heide Lauter-Bufe das Nachlassmaterial). Jene Trommeln gehören zu einer 156 m langen dreischiffigen Säulenhalle der „Stoá Philippeion”, an die sich im rechten Winkel die westlichen Hauptgebäude der Agorá wie das Bouleuterion des Stadtrats anschlossen. Etliche der ionischen Säulen(stümpfe) konnten inzwischen wieder aufgestellt werden, darunter „die einzige vollständige monumentale ionische Säule des 4. Jahrhunderts v. Chr. in Griechenland”.
Am Südostrand der eigenwillig konzipierten Agorá liegen noch die Relikte des von Pausanías beschriebenen Heiligtums des Zeus Soter, das wie die Agorá zum ersten Mal 1890-91 von der British School at Athens ergraben wurde und zuletzt Anfang der 1990er Jahre von Hans Lauter. Wie aus Münzfunden ersichtlich, war die Statue des thronenden Zeus offenbar nach dem Vorbild der Zeusstatue im Tempel von Olympia gearbeitet. Auch hätten die Megalopolitaner ihre arkadischen Gottheiten Hermes und Pan besonders geehrt (Pausanías, VIII 30, 6-32, 3; a.a.O. S. 409-413): Pan ehrten sie mit zwei Statuen und Hermes mit drei Statuen, einem gemeinsamen Tempel mit Herakles, einem gemeinsamen Heiligtum mit Apollon sowie mit dem einst beim Philippeion befindlichen „Tempel des Hermes Akakesios”, von dem nur noch eine marmorne Schildkröte erhalten wäre (das Kennzeichen des Erfinders der Lyra).
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