Quellen: www.vamosaqui.pt/2016/06/06/museu-joao-de-deus-no-campo-de-ourique-em-lisboa/ http://viajaredescobrir.blogspot.de/2013/03/portugal-sao-bartolomeu-de-messines_7155.html http://aventuralx.blogspot.de/2012/07/museu-joao-de-deus.html http://restosdecoleccao.blogspot.de/2014/09/jardins-escolas-joao-de-deus.html
Von der „Casa Fernando Pessoa” sind es nur wenige Gehminuten bis zu unserem heute letzten Ziel, dem „Museu João de Deus” (Plan Nr. 11). Eine Statue des populären Lyrikers und Pädagogen erblicke ich schon kurz zuvor beim Passieren des englischen Parks „Jardim da Estrela”. Der klassizistische Rundbau mit dem weithin sichtbaren Namen des Dichters an der Stirnseite liegt an einem Rondell mit dem Denkmal für Pedro A. Cabral. Auf mein Klingeln hin öffnet eine freundliche ältere Dame die Pforte und führt uns beide sogleich in den Hauptraum des 1917 eröffneten Museums. Mit seinen alten Bänken dient er nun auch als Vortragssaal und enthält neben der Korrespondenz des Dichters und Objekten aus seinem persönlichen Besitz eine pädagogisch-kulturelle Spezialbibliothek. Selbstverständlich befindet sich darunter auch die in vielen Auflagen verbreitete portugiesische ‚Mutterfibel’ von João de Deus, die ‚Cartilha Maternal ou Arte de Leitura’ (1876), die mit Hilfe von Lautgruppen und einer eigenen Silbentrennschrift in das Lesen und Schreiben einführt. Der Dichter ging mit dieser Fibel und mit nachfolgenden schulischen Einrichtungen gegen den massiven Analphabetismus in Portugal an, der vor Gründung der Republik über 80% der Bevölkerung betraf. 1888 legte das portugiesische Ständeparlament die Fibel als offizielles Lehrbuch für Leseanfänger fest.
Theodor Fontane hat dem im Januar 1896 verstorbenen Dichter, der mit vollem Namen João de Deus Nogueira de Ramos hieß, in seinem letzten Roman ‚Der Stechlin’ (1898) seine tiefe Verehrung bekundet. Und zwar zunächst in Gestalt des sozialdemokratisch orientierten Pastors Lorenzen, der im 13. Kapitel die einigermaßen rührselige Nachricht von den Trauerfeierlichkeiten seines portugiesischen Idols rezitiert:
„ ... Und als er nun tot war, der Joao de Deus, da gab es eine Landestrauer, und alle Schulen in der Hauptstadt waren geschlossen, und die Minister und die Leute vom Hof und die Gelehrten und die Handwerker, alles folgte dem Sarge dicht gedrängt, und die Fabrikarbeiterinnen hoben schluchzend ihre Kinder in die Höh' und zeigten auf den Toten und sagten: Un Santo, un Santo. Und sie taten so und sagten so, weil er für die Armen gelebt hatte und nicht für sich.”
Das neue Lissabonner Erdbeben, das der aus dem See emporsteigende und laut in die Lande hinein krähende „Rote Hahn” verkünde, würde diese auf dem Prinzip der Eigensucht gegründete Gesellschaftsform umstürzen. Fontane, so die These des Schlusskapitels meiner Dissertation ‚Sich versagendes Erzählen’ (1973), verknüpfte darüber hinaus die verschlüsselte kryptische Dimension seines eigenen Erzählens mit der noch stumm unter dem Eise daliegenden Stechlin-Fontäne.
Zum Abschied schenkt die Dame der Lehrerin Ruth und mir ein Exemplar jener Fibel. Wir schauen uns noch den nebenan gelegenen Gebäudekomplex mit der alten „Sephardim-Escola Joga de Deut” an, in der weiterhin auf der Grundlage der Methodik von Joga de Deut unterrichtet wird. In Portugal gibt es gegenwärtig über 40 dieser (Vor-)Schulen, an denen man Schüler bis zum Alter von 10 Jahren unterrichtet. Tage später kommen wir auch in Coimbra an der Ausschilderung für eine solche Vorschule vorbei, ansonsten trägt hier und da eine Straße den Namen unseres poetischen „Kinderfreundes” (wie einst die Fibel des Leseanfängers Fontane hieß).
Mit der „Eléctrico”-Tram fahren wir auf langen gewundenen Wegen zurück zur Baidoa, von der aus wir uns nochmals im Barrio Alto umschauen.
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